Wasa, Starköl und ein Lotterteam

Wasa, Starköl und ein Lotterteam

Der Startschuss unserer diesjährigen WM-Reise erfolgte in Lyss. Lyss ein «kleines Dorf» mit 13’000 Einwohnern im Berner Seeland, wo einst der aktuelle Nationaltrainer(held) Sean Simpson am Industriecup (dem Flachland Spenglercup) 1989 gegen den EHC Biel debütierte. Bereits in der 5. Minute musste er damals durch eine Verletzung die Partie beenden und so startete die wohl eindrücklichste Trainerkarriere der Schweizer Hockeygeschichte (Champions-Hockey-League-Sieger 2009, Victoria-Cup-Sieger 2009 und WM Silber 2013).

Starköl und das «Lotterteam» 

Ein bekannter Schweizer Eishockey «Chronist» erzählte mir nach unserem 3:2-Auftaktsieg, übrigens der erste Schweizer Sieg in Stockholm seit 1948!, über den Gastgeber: «Schweeedä het äs Lotter-Team.» Er hatte nicht unrecht, denn bis zur Ankunft der Sedin-Zwillinge war der Gastgeber alles andere als überzeugend und erknorzte sich ein 2:1-Sieg gegen Weissrussland und musste gegen die Schweiz (2:3), sowie gegen Kanada (0:3) die (Wasa)-Segel streichen. Die Segel streichen mussten auch wir, ohne dabei etwas bemerkt zu haben, da wir 24 Stunden lang nichts flüssiges zu uns genommen ausser dem tückischen Starköl.

Antti Törmänen ist Experte beim finnischen TV. (Finnischer TV-Mann)

Die Zwillinge aus Örnsköldsvik

Dank der Ankunft der Sedins verwandelten sich die Schweden vom «Lotter» zu einem «Team» und segelten wie eine schwedische Galeone zum 9. WM-Titel, so wie es das schwedische Kriegsschiff Wasa vor 385 Jahren hätte tun sollen. Ich bin überzeugt, ohne die Sedins wären die «Lotter-Schweden» des Chronisten wohl schon im Viertelfinal gegen die Kanadier wie die Wasa auf ihrer Jungfernfahrt im Hafen (Globen) von Stockholm mit wehenden Fahnen abgesoffen. Übrigens haben die Sedins in zehn Pflicht-Spielen (inkl. Junioren WM) gegen die Schweiz nur einmal verloren, an der U20 WM 1998 (mit Julien Vauclair) mit 1:2 nach Penaltyschiessen. Vorsicht: Die Sedins werden gerne mit ihrem Schweizer Pendant, den Marti-Bros (beide sprechen fliessend schwedisch und es fliesst schwedisch) verwechselt.

In 78 Jahren um die Welt

Etwas jünger als der Untergang der Wasa ist der letzte Silber-Medaillengewinn der Schweiz. 1935 holten die Eisgenossen zum einzigen Mal WM-Silber. Den heutigen Weltmeister Schweden schlug man im Eröffnungsspiel in Davos mit 6:1. Es folgten Siege über Holland, Frankreich, Grossbritannien und die Tschechoslowakei. Gegen Ungarn und Österreich kamen wir nicht über ein Unentschieden hinaus. Die 1. Niederlage mussten wir damals wie heute erst im Finalspiel hinnehmen beim 2:4 gegen Kanada (vertreten durch die Winnipeg Monarchs). Damals noch nicht dabei waren die USA und die Sowjetrussen.

Während Schweden – Tschechien fädelt SCB-Sportchef Sven Leuenberger die Rückkehr von Justin Krueger ein. (Rolf Pfeiffer)

Der Kreis der Silber-Helden

Bis zum 19. April 2013 gab es zwölf Schweizer Silber-Medaillen-Gewinner: Die Goalies Albert Künzler und Arnold Hintz, die Verteidiger Ernst Hug, Christian Badrutt und Oscar Schmid sowie die Stürmer Pic (Ferdinand) und Hans Cattini, Bibi Torriani (der Ni-Sturm), Herbert und Charly Kessler, Peter Müller und Thomas Pleisch. Die zwölf Legenden von anno 1935 werden nun komplettiert durch Martin Gerber, Reto Berra, Mathias Seger, Roman Josi, Julien Vauclair, Raphael Diaz, Philippe Furrer, Eric Blum, Patrick von Gunten, Robin Grossmann, Severin Blindenbacher, Andres Ambühl, Nino Niederreiter, Martin Plüss, Simon Moser, Denis Hollenstein, Simon Bodenmann, Luca Cunti, Ryan Gardner, Reto Suri, Matthias Bieber, Julian Walker, Morris Trachsler und Thibaut Monnet, sowie die überzähligen Tobias Stephan und Dario Bürgler.

All-Star-Abwehr

Mit Vauclair und Josi figurieren erstmals in der Hockeygeschichte gleich zwei Schweizer im WM All-Star-Team, ebenfalls werden jeweils die drei besten Spieler jeder Mannschaft gewählt. Dabei ist Vauclair der einzige Spieler aus dem All-Star-Team welcher nicht unter die drei besten seiner Mannschaft gewählt wurde, wie das? Das All-Star-Team wird jeweils durch die Medienvertreter gewählt, die drei besten Spieler durch die Headcoaches. Josi wurde zudem noch zum «besten Verteidiger» sowie zum «wertvollsten Spieler» der WM ausgezeichnet. Als dann Kommentator Jann Billeter (nicht zu verwechseln mit Biljeter) mit Malkin und Kovalchuk MVPs aus vergangenen Jahren aufgezählt hat, fügte Mario Rottaris (Burgdorf-Gretzky) noch «Yzerman» hinzu. Steve Yzerman wurde an der WM 1990 in Bern und Fribourg zwar WM-Topskorer, aber nicht zum «MVP» gewählt, da diese Auszeichnung erst seit 1999 (Teemu Selänne) vergeben wird.

Offene Fragen

Ein paar Fragen bleiben aber auch nach der WM unbeantwortet. Warum haben die Schwedinnen hinten an ihrer Hose immer einen kleinen Reissverschluss? Warum war die Schweizerin aus dem Aargau mit ihrem Bruder an der WM? Warum waren die Prinzessinnen Victoria und Madeleine nie im Stadion? Warum sagte mir der Türsteher vor dem Club «you give me a drunk impression?» Und die Mutter aller Fragen, warum zum Teufel ist die Wasa gesunken?

3. Mai 2013

Schweden – Schweiz 2:3 (0:0, 1:2, 1:1)
Globe Arena. – 12’550 Zuschauer (ausverkauft). – SR Croft/Rönn, Suominen/Valach. – Tore: 23. Bieber (Walker, Blum) 0:1. 29. Niederreiter (Plüss) 0:2. 39. Fransson (Danielsson, Eriksson /Ausschluss Seger, Furrer) 1:2. 60. (59:27) Gardner (ins leere Tor) 1:3. 60 (59:38) Hjalmarsson (Tallinder) 2:3. – Strafen: Schweden 5-mal 2 Minuten, Schweiz 7-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: 1. Pfostenschuss Fransson. 16. Pfostenschuss Blindenbacher. 50. Pfostenschuss Vauclair. 58. Time-Out Schweden. 58:28-59:27 und 59:38-60:00 Schweden ohne Torhüter.
Schweden: Markström; Kronwall, Fälth; Gustafsson, Tallinder; Granberg, Fransson; Eriksson, Persson, Axelsson; Hjalmarsson, Lundqvist, Jämtin; Lindberg, Ericsson, Landeskog; Järnkrok, Danielsson, Thörnberg.
Schweiz: Gerber; Vauclair, Seger; Blindenbacher, Furrer; von Gunten, Josi; Blum, Grossmann; Niederreiter, Plüss, Moser; Cunti, Bodenmann, Hollenstein; Ambühl, Suri, Gardner; Trachsler, Bieber, Walker.

4. Mai 2013

Kanada – Dänemark 3:1 (0:1, 2:0, 1:0)
Globe Arena. – 5’577 Zuschauer. – SR Brüggemann /Piechaczek (De/De), Sehlyanin /Suominen (Russ/Fi). – Tore: 5. Green (Kim Staal, Daniel Nielsen /Ausschluss Eric Staal) 0:1. 31. Duchene (Eberle) 1:1. 32. Stamkos (Eric Staal, Giroux /Ausschluss Jensen) 2:1. 48. Duchene (Eberle) 3:1. – Strafen: Kanada 3-mal 2 Minuten, Dänemark 6-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: 20. Pfostenschuss Giroux. 22. Pfostenschuss Kim Staal. 51. Lattenschuss O’Reilly. 58. Time-Out Dänemark.
Kanada: Dubnyk; Robidas, Dillon; Schenn, Campbell; Brodie, Harrison; Schultz; Ladd, Giroux, Stamkos; Eric Staal, Simmonds, Read; Hall, Duchene, Eberle; Jordan Staal, Skinner, O’Reilly.
Dänemark: Simon Nielsen; Daniel Nielsen, Lassen; Oliver Lauridsen, Jensen; Mads Boedker, Markus Lauridsen; Rasmus Nielsen; Green, Starkov, Hardt; Jakobsen, Christensen, Mikkel Boedker; Storm, Poulsen, Jensen; Björkstrand, Kim Staal, Madsen.

Tschechien – Schweden 1:2 (0:1, 1:1, 0:0)
Globe Arena. – 12’500 (ausverkauft) Zuschauer. – SR Bulanov/Olenin, Carlson/Schrader. – Tore: 11. Ericsson (Thornberg, Järnkrok) 0:1. 24. Tallinder (Lundqvist, Gustafsson) 0:2. 33. Hudler (Voracek, Tlustly/Ausschluss Järnkrog) 1:2. – Strafen: Tschechien 4-mal 2 Minuten, Schweden 5-mal 2 plus 10 Minuten Disziplinarstrafe (Tallinder). – Bemerkungen: 15. Lattenschuss Fransson. 30. Pfostenschuss Lindberg. Ab 58:59 Tschechien ohne Torhüter. 60. Time-Out Tschechien.
Tschechien: Salak; Michalek, Smid; Hejda, Nakladal; Caslava, Kutlak; Fleischmann, Vrbata, Hanzal; Tlusty, Hudler, Voracek; Kovar, Tenkrat, Hertl; Hubacek, Novotny, Irgl; Vrana.
Schweden: Enroth; Kronwall, Fälth; Gustafsson, Tallinder; Granberg, Fransson; Eriksson, Persson, Axelsson; Hjalmarsson, Lundqvist, Jämtin; Lindberg, Ericsson, Landeskog; Järnkrok, Danielsson, Thörnberg; Petersson.

5. Mai 2013

Schweiz – Kanada 3:2nP (1:0, 0:1, 1:1, 0:0)
Globe Arena. – 6’107 Zuschauer. – SR Baluska/Olenin, Shelyanin/Woodworth. – Tore: 14. Hollenstein (Walker, Trachsler) 1:0. 35. Ladd (Schenn, Stamkos) 1:1. 48. Read (Eberle) 1:2. 54. Niederreiter 2:2. – Penaltyschiessen: Eberle; -. Niederrreiter; -. Giroux; -. Suri; 1:0. Duchene; 1:1. Gardner; -. Plüss; -. Stamkos; -. Ambühl; -. Duchene; -. Hollenstein; -. Eberle; -. Bodenmann; -. Read; -. Suri; 2:1. Duchene; -. – Strafen: Schweiz 3-mal 2 Minuten, Kanada 4-mal 2 Minuten.
Schweiz: Gerber; Vauclair, Seger; Blindenbacher, Furrer; von Gunten, Josi; Blum, Grossmann; Niederreiter, Plüss, Moser; Cunti, Bodenmann, Hollenstein; Ambühl, Suri, Gardner; Trachsler, Bieber, Walker.
Kanada: Smith; Robidas, Dillon; Schenn, Campbell; Schultz, Harrison; Brodie; Jordan Staal, Eric Staal, Simmonds; Ladd, Giroux, Stamkos; Hall, Duchene, Eberle; Read, Skinner, O’Reilly.

Norwegen – Dänemark 3:2 (1:0, 1:0, 1:2)
Globe Arena. – 3’754 Zuschauer. – SR Croft/Rönn, Carlson/Dahmen. – Tore: 2. Trygg (Mats Olimb) 1:0. 38. Bastiansen (Ask, Bonsaksen) 2:0. 46. Lassen (Mikkel Boedker, Christensen) 2:1. 50. Mats Boedker (Mikkel Boedker, Christensen) 2:2. 58. Thoresen (Skroder) 3:2. – Strafen: Norwegen 7-mal 2 Minuten, Dänemark 5-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: 59. Time-Out Dänemark.
Norwegen: Haugen; Holos, Bonsaksen; Trygg, Tollefsen; Sorvik, Solberg; Odegaard; Hansen, Skroder, Thoresen; Bastiansen, Kan André Olimb, Mathis Olimb; Holtet, Roymark, Forsberg; Ask, Martinsen, Roest; Spets.
Dänemark: Galbraith; Daniel Nielsen, Lassen; Oliver Lauridsen, Larsen; Jensen, Markus Lauridsen; Rasmus Nielsen, Mats Boedker; Green, Starkov, Hardt; Jakobsen, Christensen, Mikkel Boedker; Storm, Poulsen, Jensen; Björkstrand, Staal, Madsen.

6. Mai 2013

Schweiz – Tschechien 5:2 (1:0, 1:2, 3:0)
Globe Arena. – 3’537 Zuschauer. – SR Croft/Rönn, Suominen/Woodworth. – Tore: 18. Ambühl (Gardner, Josi/Ausschluss Caslava) 1:0. 27. Niederreiter (Moser, Plüss) 2:0. 34. Hudler (Tlusty, Voracek/Ausschluss Plüss) 2:1. 40. Hudler (Irgl) 2:2. 46. Moser (Plüss) 3:2. 54. Bodenmann (Hollenstein, Cunti) 4:2. 60. Suri (Walker, Vauclair/ins leere Tor) 5:2. – Strafen: Schweiz 3-mal 2 Minuten, Tschechien 2-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: 57. Time-Out Tschechien. 56:44-57:05 und 57:22-59:21 Tschechien ohne Torhüter.
Schweiz: Berra; Vauclair, Seger; Blindenbacher, Furrer; von Gunten, Josi; Blum, Grossmann; Niederreiter, Plüss, Moser; Cunti, Bodenmann, Hollenstein; Ambühl, Suri, Gardner; Trachsler, Bieber, Walker.
Tschechien: Salak; Michalek, Smid; Hejda, Nakladal; Caslava, Kutlak; Fleischmann, Vrbata, Hanzal; Tlusty, Hudler, Voracek; Kovar, Tenkrat, Hertl; Vrana, Novotny, Irgl; Hubacek.

Schweden – Weissrussland 2:1 (0:1, 1:0, 1:0)
Globe Arena. – 10’473 Zuschauer. – SR Kaval/Piechaczek, Schrader/Valach. – Tore: 18. Koltsov (Goroshko) 0:1. 26. Lindberg (Kronwall, Pettersson) 1:1. 52. Pettersson (Lundqvist) 2:1. – Strafen: Schweden 6-mal 2 Minuten, Weissrussland 7-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: 11. Lattenschuss Filichkin. 60. Time-Out Weissrussland. Ab 59:15 Weissrussland ohne Torhüter.
Schweden: Enroth; Kronwall, Fälth; Gustafsson, Tallinder; Granberg, Fransson; Eriksson, Persson, Axelsson; Hjalmarsson, Lundqvist, Jämtin; Lindberg, Ericsson, Landeskog; Järnkrok, Danielsson, Thörnberg; Petersson.
Weissrussland: Milchakov; Kaznadei, Chernaok; Filichkin, Graborenko; Shinkevich, Goroshko; Maslenikov; Kulakov, Meleshko, Kitarov; Solomonov, Koltsov, Kovyrshin; Ugarov, Yefimenko, Stas; Demkov, Stefanovich, Kisly; Adryushenko.

Königlicher Djurgarden

Der Djurgarden, zu deutsch «Tiergarten», nachdem der schwedische Rekordmeister Djurgardens IF Stockholm benannt ist, muss durchquert werden auf dem Weg ins Wasa-Museum. Aber auch der Weg durch den Garten ist seit der Kindheit ein Ziel. Passend zum goldenen Eingangstor, trägt sich der «Djurgarden» in den 90er Jahren gleich doppelt in die Siegerliste der europäischen Königsklasse ein.

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