Philadelphia ohne Wiederkehr

Philadelphia ohne Wiederkehr

Zum zweiten mal steht Philadelphia auf dem Programm. Amtrak bringt dich innerhalb von zwei Stunden in die ehemalige Hauptstadt der USA. Die Zugfahrt bietet dabei ein bisschen Hollywood-Feeling. Zwei Stunden kannst du Leute und deren Verhaltensmuster beobachten, was für ein Leben der Herr im Anzug und am Natel wohl führt? Wie lange der Ticket-Kontrolleur wohl schon auf der Amtrak-Linie fährt? Ticket? Das Ticket liegt immer noch in meinem Hotelzimmer und eigentlich dürfte ich gar nicht im Zug sitzen. Der freundliche Kontrolleur an der Penn-Station, man wird bereits vor dem Einsteigen kontrolliert, drückt ein Auge zu, denn ich habe immerhin die Quittung (Receipt) dabei.

Im Zug gibts aber eine zweite Kontrolle, da muss ich die Geschichte erneut erklären und manch einer mag sich wohl fragen, welches Leben dieser Herr mit dem Ticket-Problem wohl führt und woher er wohl kommt? Wie gesagt, es ist wie in einem Film, mein Film bewegt isch zwischen einer Komödie und einem Drama. Der Zug ist bereits in Trenton, zwischen 2007 und 2011 spielt hier das Farmteam der New Jersey Devils, die Trenton Devils, vorher bekannt als Trenton Titans aus der East-Coast-Hockey-League.

Frühzeitig in Philadelphia angekommen, bleibt genügend Zeit sich die berühmte Rocky-Treppe und die Rocky-Statue anzuschauen. In der Stadt treffen wir Sport-Informations-Korrespondent Alex Löffel und gehen gemeinsam durch die «Streets-of-Philadelphia» Richtung Museum-of-Art, gleich beim «Kelly Drive», die Strasse welche nicht nach Fürstin Grace, sondern ihrem Bruder, dem Olympischen Ruderer John Kelly benannt ist.

Vom fiktiven Boxer, gehts an die Strasse der echten Boxer, an die Broad-Street vor dem Wells-Fargo-Center. Vor dem Pub erinnert eine Statue von Bobby Clarke und Bernie Parent an den letzten Stanley-Cup-Gewinn der Flyers als «Broad-Street-Bullies» 1975. Heute sind die Flyers keine Prügelbande mehr, gegen Toronto gibts gerade mal eine 2 Minuten Strafe (Jakub Voracek), was zu Zeiten der Broad-Street-Bullies mit Clarke, Dave Schultz, André Dupont und Co. undenkbar gewesen wäre.

Das Broad-Street-Bullies-Pub an der Pattison-Avenue. (Krein)

Nach dem Spiel gehts per Taxi zügig Richtung Bahnhof, denn der letzte Zug nach New York fährt pünktlich und morgen geht der Rückflug in die Schweiz. Doch für den Mann ohne Zugticket beginnt nun erst das richtige Spiel, im wahrsten Sinne des Wortes gegen die verbale Version der Broad Street Bullies. Vormittags durch den New Yorker Amtrak Kontrolleur den Zug passiert, passiert dies leider nicht mit der «Big-Mama» in Philadelphia.

Die Kontrolleurin nimmts ganz genau und macht ihren Job hervorragend. «Thats the receipt, thats not a Ticket» lautet das Password für das äussere Tor (nur um die Treppe Richtig Perron zu passieren). Doch wie lautet das Password für das innere Tor? Wie Tom Cruise bei Eyes-Wide-Shut, kommt der Mann ohne Ticket ins Schwitzen. Gefasst erklärt der Landsmann von Mark Streit der korrekten Kontrolleurin nochmals, warum er nur eine «Quittung» dabei hat, die Quittung ist praktisch identisch mit dem Zugticket.

Die Bahnhofhalle von Philadelphia und Schauplatz für das «Receipt-Theater». (Krein)

Doch es ist nur eine Quittung. «You need a Ticket», sie lässt den Mann nicht durch und die Zeit läuft, während hunderte von Passanten mit ihrem Ticket die Treppe in den «Himmel» erklimmen, kämpft der Mann auch noch gegen die Zeit. Nur noch wenige Minuten bleiben noch zum Einstieg und der Schlachtplan lautet, kurz vor der Abfahrt einfach vorbei zu rennen, «Big-Mama» würde uns nicht einholen können bis zum Einstieg. Dennoch eine heisse Situation, die US-Amerikaner sind nicht zimperlich wenn einer aus der Reihe tanzt. Philadelphia ohne Wiederkehr? Der Mann sieht sich bereits im Knast von Philadelphia: «Wenn ich Schwein habe, holt mich Streit dann aus dem Knast.»

Die Kontrolleurin verlangt ein neues Ticket zu kaufen für 60 Dollar, dabei hat er ja längst bezahlt und sogar eine Quittung auf dem Natel. In der Not erinnert sich der Mann an die letzten Tage, dass eine seiner EC-Karten (die Raiffeisen) hier nicht funktioniert. Mittlerweile sind sämtliche Passagiere an Bord der Amtrak und die Kontrolleurin begleitet den Störenfried an den Bankomaten um mit ihm gemeinsam das fehlende Ticket zu lösen.

Der Trick gelingt, die Bankkarte wird mehrmals abgelehnt, leider habe er nur diese bei sich, doch hier sei ja die Quittung, er würde das Ticket per Mail zusenden. Nur noch wenige Minuten bis zur Abfahrt von Amtrak, so kneift die strenge Amtrak-Frau doch noch ein Auge zu und der Schweizer kommt mit einem blauen Auge davon. Philadelphia was für eine Stadt, was für ein Erlebnis, für alles andere gibts die Mastercard.

31. Januar 2015 – Spiel 733

Philadelphia Flyers – Toronto Maple Leafs 1:0 (1:0, 0:0, 0:0)
Wells-Fargo-Center. – 19’872 Zuschauer. – SR Devorski (10) /Skilliter (24), Nowak (77)/Cvik (88). – Tor: 5. Del Zotto (Straka, Simmonds) 1:0. – Strafen: Philadelphia 1-mal 2 Minuten, Toronto 2-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Philadelphia ohne Raffl, Laughton, Coburn, Grossmann, Timonen und Rinaldo, Toronto ohne Phaneuf, Robidas und Booth (alle verletzt). Mason*, Del Zotto** (beide Philadelphia) und Kessel*** (Toronto) als beste Spieler ausgezeichnet.
Philadelphia Flyers: Mason (Emery); Schultz, Streit; Del Zotto, Luke Schenn; Colaiacovo, MacDonald; Read, Couturier, Umberger; Brayden Schenn, Giroux, Voracek (2); Straka, White, Simmonds; VandeVelde, Bellemare, Lecavalier.
Toronto Maple Leafs: Reimer (Bernier); Gardiner, Franson; Rielly, Polak; Holzer, Granberg (2); Van Riemsdyk, Bozak, Kessel (2); Lupul, Kadri, Winnik; Komarov, Holland, Santorelli; Panik, Smith, Clarkson.

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