Gerbers Zeitreise

Gerbers Zeitreise

Martin Gerber steht zum zweiten Mal als Gegner vor der Langnauer Stehrampe. (Krein)

Am 23. Oktober 2015 gastiert Martin Gerber mit den Kloten Flyers im Alter von 41 Jahren erstmals als Gegner in Langnau. Sämtliche Medien vermelden den ersten Auftritt Gerbers als Langnau-Gegner. Wer aber tief in den Eishockey-Geschichtsbücher stöbert muss sich eines besseren belehren lassen, denn es ist Gerbers zweiter Auftritt als Ilfis-Gegner. Auch der damalige Keeper Werner Eberle, der vor dem Spiel als Feuerwehrmann im Einsatz vor der Halle steht, bestätigt dies.

Vor 22 Jahren in der 1. Liga

In der Saison 1993 steigt der SC Langnau zum zweiten Mal in die 1. Liga ab, gleichzeitig sucht der damals frisch fusionierte SC Thun (Zusammenschluss des SC Thunerstern und der Nachwuchsabteilung des EHC Thun-Steffisburg) einen Ersatztorhüter für das neu formierte 1. Liga-Team. Im Vorjahr spielt der SC Thunerstern ein Kantonalcup-Spiel gegen den Zweitligisten SC Signau, «der Torhüter der Emmentaler zeigte eine sackstarke Partie», sagt der ehemalige Thun-Spieler und aktuelle Thun-Vizepräsident Alex Reymondin über Martin Gerbers Auftritt mit den Signauern.

In Langnau habe ich gespielt, beim Rückspiel stand Schwendimann im Tor.“

— Martin Gerber

So bietet man dem 18-jährigen Signauer in Thun eine KV-Praktikumsstelle und einen Backup-Goalie-Posten hinter Stammtorhüter Markus Schwendimann und lotzt den in Langnau als ungenügend empfundene Gerber ins Berner Oberland. Bereits in der vierten Runde der Saison 1993/94 gastieren die Thuner beim haushohen Favoriten und NLB-Absteiger Langnau in der Ilfishalle. Thun Coach Christoph Schenk setzt auf den jungen Martin Gerber (19) im Familienduell gegen Vater Simon Schenk und die Langnauer.

Das NHL-Duell von Morgen in der 1. Liga

Vor 3’394 Zuschauer (1. Liga!) können die Aussenseiter mit Gerber zwei Drittel lang mithalten, erst drei Tore im Schlussdrittel besiegeln die Niederlage der Berner Oberländer. Beim fünften Gegentreffer in der 51. Minute muss sich Gerber sogar von einem 17-jährigen Nachwuchstalent geschlagen geben. Der 17-jährige Reto von Arx und Thun-Keeper Gerber schreiben rund ein Jahrzehnt später Schweizer Eishockey-Geschichte in der National-Hockey-League (NHL).

Bei seinem ersten Besuch als Langnau-Gegner muss sich Gerber gegen die übermächtigen Emmentaler noch geschlagen geben. 22 Jahre und über 900 Spiele später gastiert Gerber wieder in der Ilfishalle und holt als 41-Jähriger doch noch seinen ersten Auswärts-Sieg (5:4) gegen seinen Stammclub. Auf Gerbers Seite steht mit Michael Liniger ein weiterer Langnauer, dessen Stiefbruder Res Liniger die Partie 1993 knapp verpasst hat (siehe Telegramm).

Als ob es gestern gewesen wäre

Besonders Beeindruckend ist die Begegnung nach dem Spiel, vor dem Interview frage ich den 241-fachen NHL-Spieler ob er sich noch an seinen Gastauftritt mit dem EHC Thun-Steffisburg in Langnau erinnern könne? «Ja klar aber es war mit dem SC Thun, der Club hat damals fusioniert» antwortet Gerber. «In Langnau habe ich gespielt, beim Rückspiel stand Schwendimann im Tor», so Gerber weiter. Der Schwedische Meister von 2002, Stanley-Cup-Sieger von 2006 und WM-Silber-Held von 2013, erinnert sich auf eindrückliche Art und Weise an sein 1. Liga-Debüt als ob es gestern gewesen wäre. Langnau-Torschütze Yannick Lennart-Albrecht (21) war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht auf der Welt.

Hier gehts zum SRF-Bericht

Gerbers Gastspiele in Langnau

19. Oktober 1993 (1. Liga)

Langnau – SC Thun 6:1 (1:1, 2:0, 3:0)
Ilfishalle. – 3’394 Zuschauer. – SR Stettler, Salvisberg/Ryffel. – Tore: 3. Moser (Ausschluss Mani) 1:0. 3. Brügger 1:1. 25. Markus Hirschi (Lüthi) 2:1. 35 Michael Rentsch (Lüthi) 3:1. 45. Lüthi (Michael Rentsch) 4:1. 52. Reto von Arx (Wüthrich) 5:1. 52. Walter Gerber (Moser) 6:1. – Strafen: Langnau 3-mal 2 Minuten, SC Thun 5-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Langnau ohne Brechbühl, Friedrich (beide verletzt) und Liniger (Vertrag aufgelöst). SC Thun ohne Zürcher (RS), Blaser und Bruhin (beide verletzt).
Langnau: Eberle; Probst, Nyffenegger; Leuthold, Stoller; Schneider, Wüthrich; Leuenberger, Moser, Walter Gerber; Markus Hirschi, Stäger, Walker; Alan Hirschi, Reto von Arx, Lüthi; Michael Rentsch.
SC Thun: Martin Gerber; Reymondin, Dällenbach: Burri, Bosshardt; Weber, Wüthrich; Minder, Mani, Marti; Andreas Kormann, Frutiger, Bruno Kormann; Siegfried, Grubenmann, Brügger.

23. Oktober 2015 (NLA)

SCL Tigers – Kloten 4:5 (0:3, 2:1, 2:1)
Ilfishalle. – 5’842 Zuschauer. – SR Clément/Vinnerborg, Abegglen/Kovacs. – Tore: 1. (0:43) Kolarik 0:1. 15. Sheppard (Kellenberger, Kolarik/Ausschluss Schirjajew) 0:2. 20. (19:37) Praplan (Von Gunten/Ausschluss Clark) 0:3. 21. (20:37) Nüssli (DiDomenico) 1:3. 30. DiDomenico (Ausschluss Schelling) 2:3. 37. Liniger (Erik Gustafsson) 2:4. 49. Albrecht (Nüssli, Hecquefeuille /Ausschluss Von Gunten) 3:4. 55. DiDomenico (Clark) 4:4. 60. (59:37) Sheppard (Bieber) 4:5. – Strafen: Je 4-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: PostFinance-Topskorer: Di Domenico; Kolarik. SCL Tigers ohne Murray, Claudio Moggi, Nils Berger (alle verletzt), Gossweiler und Weisskopf (beide überzählig), Kloten ohne Collenberg (gesperrt), Guggisberg, Leone, Hasani, Obrist, Boltshauser, Back und Olver (alle verletzt). – 4. Pfostenschuss Kolarik. – 59:37 Timeout SCL Tigers, ab 59:43 ohne Torhüter.
SCL Tigers: Ciaccio; Stettler, Koistinen; Hecquefeuille, Kim Lindemann; Müller, Ronchetti; Zryd, Adrian Gerber; Lukas Haas, Albrechts, Sven Lindemann; Sandro Moggi, Anton Gustafsson, Nüssli; Clark, DiDomenico, Bucher; Wyss, Schirjajew, Haberstich.
Kloten: Martin Gerber; Von Gunten, Stoop; Erik Gustafsson, Harlacher; Schelling, Frick; Büsser; Praplan, Santala, Hollenstein; Kolarik, Sheppard, Bieber; Hartmann, Kellenberger, Casutt; Romano Lemm, Liniger, Studer.

Quellen: Rolf Schlapbach (SCL Tigers), Alex Reymondin (EHC Thun)

Eine Antwort zu „Gerbers Zeitreise“

  1. Avatar von Alex Reymondin

    Merci michael, eine wunderbare Anekdote und auch toll recherchiert! Der Tinu ist und war auch immer ein feiner Typ!

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