Schwenningen und die ZSC-Loge

Endlich mal nach Schwenningen, endlich wieder mal ein Blick über die Hockeygrenzen, denn Villingen-Schwenningen ist geografisch die nächste ausländische Hockey-Destination aus Sicht des Berner Seelandes. Endlich heisst es auch, wenn die Doppelstadt aus Baden-Würtemberg auf dem Navigationsgerät auftaucht. Gefühlt fährt man ab der Deutschen Grenze noch zirka dreimal durchs «Emmental.» Die Fahrt dauert ewig, dabei sind die Gäste aus Krefeld noch vier Stunden länger unterwegs. Kurz vor der Abzweigung «Fürstenberg» ist das Ende der zweieinhalb stündigen Fahrt spürbar. Die Fürstenberger Bierkultur gibts seit 1283 und sponsert die Schwenninger Eishockeykultur schon zu Zeiten des Eis- und Rollsportclubs (ERC).

«ERC» ist nicht nur Rund um die Stadt auf jeder Lampenstange per Aufkleber sichtbar, sondern auch Teil des Stadionsongs kurz vor Spielbeginn. Der Schwenninger ERC wird 1994 im Rahmen der Gründung der Deutsche-Eishockey-Liga (DEL) in Wild Wings umbenannt. Die imposante Fankurve singt, mit dem einen oder anderen Fürstenberg in der Kehle, lautstark mit und sorgt für Gänse- oder eben Schwänehaut-Stimmung. Rund um die Helios-Arena, benannt nach einer Ventilatoren-Marke, herrscht schon zwei Stunden vor Spielbeginn ein buntes Treiben. Die Stadionkneipe ist gut besetzt und die Fans aus der Schwarzwald-Stadt strömen aus allen Richtungen zum Mooswäldle, wo die Eishalle seit 1976 am Rande eines Naturschutzgebietes steht.

Unter Naturschutz stehen nach den ersten sieben Runden auch Schwäne und Pinguine, denn der Knüller des achten Spieltages zwischen dem 13. und 15. ist das Kellerduell. Die Affiche ist aber um einiges besser als es die Buchmacher von Eishockey-NEWS, die Zeitung kaufe ich am ersten Kiosk in der Stadt, versprechen. Das Heimteam jedoch verpasst im ersten Drittel in Führung zu gehen und so schiesst eben das Schlusslicht, welches bereits eine Trainerentlassung (Clark Donatelli) hinter sich hat, mit dem fett geschriebenen Stadtnamen «KREFELD» hinten auf den Jerseys mit 3:0 in Führung. Der erste Treffer der Schwäne fällt viel zu spät, schade um den schönen Torsong, welcher die Arena kurzzeitig in ein Tollhaus verwandelt.

Die ZSC-Lions-Loge

Immerhin kommt der Stadionspeaker, welcher in der Tonalität mit Schauspieler Christoph Waltz zu vergleichen ist, auch bei den Gästetoren zum Zug. Apropos Gäste, die erste Loge verblüfft nicht nur ihre Gäste mit einem Logo der ZSC Lions, flankiert durch zwei Zürcher Jerseys (Matthews und Klein) an der Wand, sondern auch den «weit gereisten» Mann aus der Schweiz. «Jeder darf seine Loge selber gestalten», erklärt der Schwiegervater des Logeninhabers der Firma «RM Müller Druckluftechnik», Herr Müller reist eben auch gerne über die Landesgrenzen, am liebsten ins Hallenstadion, erklärt der nette Mann weiter.

Die ZSC-Lions-Loge verblüfft in Schwenningens der Helios-Arena. (Krein)

«Die Schweiz hat Einige Klubs welche besser Spielen als Schwenningen», meint der Logen-Gastgeber weiter, nach dem Spiel sind es aus heimischer Sicht leider auch 14 DEL-Klubs. Bei der anschliessenden Pressekonferenz im «Schwarzwald-Stüble», bleibt Wild-Wings-Trainer Niklas Sundblad äusserst anständig auf die teils unpassenden Fragen eines nationalen Mediums. Der Abstecher in die Penny-DEL nach Schwenningen wird, wie Sundblads Antworten, ihrem Slogan «Home-of-Hockey» mehr als nur gerecht.

Die Pressekonferenz im Schwarzwald-Stüble mit Pressesprecher Krischan Läubin, flankiert durch die Coaches Boris Blank (Krefeld) und Schwenningens Niklas Sundblad (rechts). (Krein)
  1. Oktober 2021 – 8. Spieltag

Schwenningen – Krefeld 1:3 (0:0, 0:2, 1:1)
Helios-Arena. – 3’049 Zuschauer. – SR Bruggeman /Schukies, Hofer /Merk. – Tore: 31. Lessio (Bracco, Lucenius) 0:1. 39. Braun (Kulda, Bergström) 0:2. 48. Lessio (Bracco, Glässl) 0:3. 57. Turnbull (Ramage, Tyson Spink /Ausschlüsse Lucenius, Niederberger) 1:3. – Strafen: Schwenningen 3-mal 2 Minuten, Krefeld 5-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Schwenningen ohne Adam und Huss. Krefeld ohne Hauf und Schymainski. Schwenningen ab 58:53 ohne Torhüter. 59. Time-out Schwenningen.
Schwenningen: Eriksson (Cüpper); Spornberger, Ramage (2); Robak, Möchel, Burström, Weber; Görtz, Olimb, Lundh; Turnbull, Tylor Spink, Tyson Spink; Pfaffengut, Bassen, Karachun (2); Cerny, Hadraschek (2), Alberg.
Krefeld: Shilin (Quapp); Sacher, Jensen-Aabo (2); Hersley, Glässl; Tiffels, Kulda; Mass; Bracco, Lucenius (4), Lessio; Niederberger (2), Berlev, Sabolic; Braun, Weiss, Bergström; Rutkowski, Blank, Volek (2).

Ein Media-Guide wie Seider

Das Mannheimer Eishockey hat mit Jochen Hecht, Erich Goldmann, Dennis Seidenberg, Robert Müller und Denis Reul schon fünf Spieler in den NHL-Draft gebracht. Eine erfolgreichere Draft-Bilanz haben in Deutschland nur noch die Kölner Haie. Auch Leon Draisaitl hat vor seinem Nordamerika-Engagement bei den Prince Albert Raiders, drei Jahre für die Jungadler in Mannheim gespielt.

Der nächste Export der Jungadler heisst Moritz Seider. Bereits im Alter von 16 Jahren hat der Verteidiger vier Partien in der DEL gespielt. In der aktuellen Meisterschaft gehört der 17-Jährige bereits zum Stammkader der Adler. Den Jungspund erblickt man schon beim Warm-up, dies nicht nur wegen seines Gitterhelms, sondern auch wegen seines Engagements.

„Beeindruckend wie der junge Mann mit der Nummer 53 seine Rolle schon spielt.“

— eishockeyblog

Die Partie gegen die Bremerhaven Fischtown Pinguins läuft und Seider setzt sich von Beginn weg gut in Szene. Beeindruckend, wie abgeklärt der junge Mann mit der Nummer 53 und dem Gitterhelm seine Rolle schon spielt. In der 26. Minute verlässt der Jungadler seinen Adlerhorst und stürmt als «vierter Stürmer» in die Offensive und gibt prompt den entscheidenden Impuls zum Game-Winning-Goal der Mannheimer.

Auf der Liste von «Central-Scouting-Europe», liegt das Nachwuchstalent derzeit auf dem sechsten Rang, sämtlicher europäischen Feldspieler. Im Juni 2019, dürfte Seider als einer der höchsten Drafts Deutschlands in die Geschichtsbücher eingehen. Der ehemalige Mannheimer Draisaitl, als Nummer drei dürfte allerdings schwer zu toppen sein, für Mannheim aber dürfte Seider der höchste Draftpick werden.

Moritz Seider, ganz hinten bei GSK-Stockmann beim Stickhandling. (Krein)

Ein Guide wie Seider

Beeindruckend wie das grösste Talent Deutschlands, ist auch Mannheims Media-Guide. Ein A5-Buch von 334 Seiten, geht im Fanshop für gerade mal 10 Euro über den Ladentisch. «Eishockeystadt MANNHEIM Seit 1938», steht auf dem Cover, welches vom ex-Klotener Chad Kolarik präsentiert wird. Für jeden Zahlen- und Historik-Freak ist dieses Buch mehr als nur ein Weihnachtsgeschenk. Da drin steht alles, sogar sämtliche Spieler bis zur U12 sind porträtiert.

Die Banner der sieben Meistertitel finden sich auch im Media-Guide. (Krein)

Auf den Seiten 84 und 85 ist das Porträt von Seider, welches zusätzlich über sein DEL-Debüt, am 25. Oktober 2017, als zweitjüngster Spieler der Adler-Geschichte informiert. Mannheims Media-Guide hat definitiv das Potenzial für die NHL und dies hat auch Seider. Spätestens im Juni 2019 wird Seider wieder beeindrucken, wenn er vom Mannheimer Media-Guide in die Bücher der NHL wechselt.

Adler Mannheim – Bremerhaven 4:1 (1:0, 1:1, 2:0)
SAP-Arena. – 13’178 Zuschauer. – SR Iwert/Rohatsch. – Tore: 14. Adam (Lampl) 1:0. 26. Adam (Seider, Smith) 2:0. 32. Urbas (Nehring, Zengerle /Ausschluss Seider) 2:1. 45. Eisenschmid (Desjardins /Ausschluss Jensen) 3:1. 54. Hungerecker (Lampl) 4:1. – Strafen: Mannheim 3-mal 2 Minuten, Bremerhaven 5-mal 2 Minuten.
Mannheim: Endras; Seider, Lehtivuori; Katic, Lampl; Akdag, Reul; Mikkelson; Wolf, Desjardins, Krämmer; Eisenschmid, Festerling, Kolarik; Adam, Smith, Hungerecker; Soramies, Kink, Moeser.
Bremerhaven: Hübl; Moore, Fortunus; Jensen, Rumble; Weber, Alber; Nehring, Frisen, Feser; Urbas, Zengerle, Verlic; Hooton, Quirk, Schwartz; Kolupaylo, McMillan, Hoeffel.

Hamburgs DEL-Uhr «eingefreezert»

Der Hamburger Sportverein (HSV) ist der einzige Fussballverein Deutschlands, der seit der Saison 1963-64 nie aus der Bundesliga abgestiegen ist. Die langjährige Liga-Zugehörigkeit veranlasste den Club-Sponsor Hamburgische Electricitäts-Werke AG (HEW) 2001, einen Zeitmesser zu installieren. Das Zifferblatt der mittlerweile kultigen Digital-Stadion-Uhr steht beim HSV bei 52 Jahren, 274 Tagen und ein paar Stunden.

Mit anderen zeitlichen Dimensionen hatten die Eishockeyaner der Hamburg Freezers zu kämpfen. Am vergangenen Mittwoch, am 18. Mai 2016 hatte der US-amerikanische Besitzer Anschutz-Entertainment-Group (AEG), die Amerikaner stiegen 2005 auch beim HC Genf-Servette aus, verkündet, keine neue Lizenz für die Spielzeit 2016-17 beantragen zu wollen. Gerade mal eine Woche blieb den Hamburgern Zeit einen neuen Käufer zu finden.

Der langjährige Kapitän Christoph Schubert hat alles versucht die Freezers zu retten

— über das Engagement des Captains

Der Ankündigung folgte eine Welle der Solidarität und ein grosser Spendenaufruf, Fans überwiesen insgesamt mehr als eine halbe Million Euro zur Rettung des Vereins. Doch selbst mit dieser Summe würden die Freezers in der kommenden Saison rote Zahlen schreiben, für die der Betreiber aufkommen müsse, sagte Anschutz-Europapräsident Tom Miserendino. Die Frist zum Lizenzantrag ist gestern Mitternacht, am 24. Mai 2016 verstrichen und heute steht das ganze Kader (darunter ex-Fribourg-Goalie Sébastien Caron) der Freezers auf dem Transfermarkt.

Die Lizenz und Schubert

Anders als die Uhr der kickenden Stadtnachbarn, ist die Uhr der Eishockeyaner nach 13 Jahren und 356 Tagen «eingefreezert» worden. Auch Freezers-Mannschaftskapitän Christoph Schubert, er hatte die Spendenaktion organisiert, trauert um «seinen Club». Schuberts Verbindung mit «seinem Club»  könnte tiefer nicht sein, oder anders gesagt, Schubert und die DEL-Lizenz der Freezers sind praktisch unzertrennlich.

Im Sommer 1999 wurde die Lizenz vom EV Landshut, dem damaligen Club Schuberts, nach München verkauft. Schubert wechselte ein Jahr später zu Landshuts Lizenznehmer München Barons. 2002 wurde die Lizenz von Bayern in die Hansestadt weiterverkauft, zeitgleich startete der Verteidiger seine achtjährige NHL-Odysse, um 2010 wieder bei Landshuts Lizenznehmer in Hamburg anzuheuern. Sage mir wo die Lizenz hingeht und ich sage dir wo Schubert spielen wird, warum nicht zurück nach Landshut…

Faszination Brehmstrasse

In den 90er Jahren ist das Eisstadion an der Brehmstrasse Hauptschauplatz der europäischen Eishockeybühne. Zwischen 1990 und 1993 ist die «Brehmstrasse» vier Jahre hintereinander Austragungsort für das Europacup-Finalturnier. Dazu kommt der Epson-Cup und natürlich sechsmal in Serie das Meisterschaftsfinale der Bundesliga. Alle diese Anlässe laufen zuerst auf Eurosport, dann auf dem Sportkanal in sämtlichen deutschsprachigen Wohnzimmern.

Am 29. Juli 2015, wird mein Navigationsgerät endlich mit «Düsseldorf, Brehmstrasse», gefüttert. Vom Hotel am Hofgarten kommend, biege ich 25 Jahre zu spät, die Düsseldorfer EG spielt längst im ISS-Dome, im Düsseldorfer Zooviertel in die Brehmstrasse ein. Das Stadion, welches Kultstatus erreicht hat, wird glücklicherweise weiterhin für den Trainingsbetrieb und den Nachwuchs genutzt.

Blick auf das Eisstadion an der Brehmstrasse. (Krein)

Parkplätze direkt vor dem Stadion sind rar, direkt gegenüber parkiere ich neben einem «Hyundai» der DEG, mit dem Nummernschild «D EG 1550» und es kommen bereits nostalgische Gefühle auf. Ich höre «hier kommt die DEG», Sprechchöre aus der Halle und sehe endlich den Treppenaufgang, welchen ich seit dem «Eishockey Jahrbuch 1990» von einem Foto auf der Seite 60 kenne. Die Vorfreude ist riesig und das überqueren der «Brehmstrasse» bereits eine Fahrlässigkeit, weil ich die Umwelt nicht mehr wahrnehme.

Dann trete ich ein, ins Stadion an der Brehmstrasse, alles was ich von Fernsehbildern und Fotos dutzende Male angeschaut habe, ist nun da. Sämtliche Tribünen führe ich mir zu Gemüte und setze mich hie- und da einfach mal hin. Grossartig muss es gewesen sein, damals ein Ding der Unmöglichkeit hierhin zu kommen. Bei mir zuhause hängen immerhin zwei Trikots aus der Epson-Ära, Uli Hiemer und Michael Flemming. Ein anderer dieser Zeit ist der Mann mit dem schwarzen Gitter, Oliver Kasper, seine Bilder sind mir des Gesichtsschutzes wegen in bester Erinnerung. Ich weiss in welchen Büchern und Magazinen er abgebildet ist. Ein Griff und das Bild hätte ich vor mir.

Links vom Stadion ist ein kleiner Schlittschuhverleih, der Laden heisst «Eissport Kasper», ein älterer Herr heisst mich herzlich willkommen und entpuppt sich als Ladenbesitzer Kasper. Es kommt noch besser, der gesprächige Mann ist der Vater des einstigen DEG-Cracks. «Er sollte jeden Moment vorbeikommen und mir am Computer helfen», meint Hans Kasper freundlich. An einer Wand hängt noch ein Foto des Sohnes, aus der «Zamek-Ära» von 1985-86, ein perfektes Sujet für das Erinnerungsfoto. Kasper-Junior schwärmt ebenfalls von der grossen Zeit der DEG, von den Spielen gegen die Edmonton Oilers und St. Louis Blues. Wie cool wäre es, gleich jetzt an eines dieser Spiele gehen zu können? Wie es wohl hier im Shop, eine Stunde vor Spielbeginn ausgesehen hat?

Oliver Kasper (rechts), im Schlittschuhchop «Eissport Kasper» an der Brehmstrasse. (Hans Kasper)

Die Spiele von heute steigen im ISS Dome, wo die DEG seit 2006 beheimatet ist. Nach 20-jähriger Abstinenz, gibts diesen Sommer erstmals wieder europäisches Spitzeneishockey in der Rheinstadt. Die Plakate der Champions-Hockey-League hängen in der Innenstadt rund um die Königsallee. Der EHC Black Wings Linz und das altbekannte TPS Turku, gastiert in den 90er Jahren dreimal an der Brehmstrasse, sind die Gegner der Gruppe G.

Champions-Hockey-League in Düsseldorf 2015. (Krein)

Ein Blick zurück ins legendäre Stadion an der Brehmstrasse. Zu dieser Zeit hat die DEG, hinter dem SC Bern, mit rund 11’000 Fans jeweils den zweithöchsten Zuschauerschnitt Europas.

SaisonDüsseldorfBern
1985-8610’0208’966
1986-8710’41411’666
1987-8810’21510’502
1988-899’53011’227
1989-9010’53011’742
1990-9110’46012’731
1991-9211’16012’818
1992-9311’05011’975
1993-9410’93912’041
1994-959’15812’170

Hier gehts zum sportlichen Höhepunkt der Clubgeschichte. Am 30. Dezember 1991 steht die DEG im Europacup-Endspiel gegen Titelverteidiger Djurgardens IF Stockholm, dies vor ausverkauftem Haus an der Brehmstrasse.

Bei Nacht und Nebel in den Westen

Ein berühmter «Eishockey-Chronist» sagte einmal «im Bäre z Madiswil sisi abghoue», gemeint sind die ehemaligen DDR-Nationalspieler Guido Hiller und Stefan Steinbock. Die Geschichte war mir nur schleierhaft bekannt, aus dem deutschen «Eishockey Jahrbuch 90» wusste ich, dass die beiden Spitzensportler in den Westen geflüchtet waren, wenige Wochen später aber wieder in die DDR zurück gekehrt sind. Im Rahmen des 25-jährigen Jubiläums des Mauerfalls eine perfekte Story mit Schweizerbezug.

Im September 1970 beschloss der DDR-Sportverband DTSB, nur noch die Medaillen-intensiven Sportarten zu fördern. «Wir brauchen zum Aufbau der sozialistischen Wirtschaft jede Mark. Um Eishockey zu betreiben, benötigt man jährlich die Finanzen von zirca zwei hochseefisch-verarbeitenden Kühlschiffen. Also, liebe Sportler, was brauchen wir dringender Eishockey oder Kühlschiffe?» lautete die damalige Begründung von Staatssekretär Rudi Hellmann.

20 Jahre Dynamo gegen Dynamo

Ab diesem Zeitpunkt spielten nur noch zwei Mannschaften in der Oberliga der DDR: Der SC Dynamo Berlin und die SG Dynamo Weisswasser. 20 Jahre duellierten sich die beiden «Polizeiclubs» in zahlreichen Serien. In 20 Jahren teilten die «Dynamos» in 178 Spielen alle Ostdeutschen Meistertitel, davon gingen 12 an die Ostberliner und acht an die Lausitzer aus Weisswasser. Zurück zur Geschichte, am 11. November 2014, befördert mich Hauptprotagonist Steinbock per Telefon zurück in die alte Zeit des eisernen Vorhangs.

Wir schreiben das Jahr 1984, es würde noch sechs Jahre dauern bis zum Fall der Mauer, was aber damals noch keiner für möglich gehalten hätte. Auch Hiller und Steinbock nicht, die beiden teilen sich bei ihren Auslandreisen (Weltmeisterschaften, Europacup-Spiele, Freundschaftsturniere und Trainingslager) über Jahre ein Zweierzimmer. «Das schweisst zusammen, da weisst du alles von deinem Partner» sagt Steinbock. Die Idee einer Flucht nach Westen ergab sich im Laufe der Zeit.

Hiller setzt sich in der Schweiz ab

Im September 1984 ist es soweit, Hiller fasst den Entschluss abzuhauen. Der SC Dynamo Berlin, vom Oberaargauer-Cup in Langenthal kommend, übernachtet am Ende der jährlichen Schweizer-Tournee im Hotel Mövenpick in Kloten. Hiller informiert seinen Zimmergenossen Steinbock über seinen Entschluss, doch Steinbock ist noch nicht soweit. So desertiert Hiller im Alleingang und lässt seinen Kumpel zurück.

Oberaargauer Cup in Langenthal (13. bis 15. September 1984)
Basel – Dynamo Berlin 3:9 (Halbfinal), Arosa – Dynamo Berlin 5:4 (Final)

Ach du Scheisse, jetzt müssen wir in Zinnwald die Bobbahn putzen

— Hartmut Nickel

Steinbock wird die schwere Aufgabe haben, am nächsten Morgen die beiden Coaches Joachim Ziesche (1999 Aufnahme in die IIHF Hall-of-Fame) und Hartmut Nickel über Hillers Abgang zu informieren. Nickels Worte wird Steinbock nie vergessen: «Ach du Scheisse, jetzt müssen wir in Zinnwald die Bobbahn putzen».

Steinbock folgt drei Monate später

Nach Hillers Abgang bleibt Steinbock der Kontakt zu seinem Kumpel verwehrt. Ein Teamkollege kauft bei einem Zwischenhalt in Kopenhagen die Bild-Zeitung und da ist ein Artikel über Hillers Engagement beim Bundesligisten Mannheimer ERC publiziert. Bis Weihnachten 1984 fasst auch Steinbock den Entschluss die Flucht nach Westen anzutreten. Steinbock gastiert vom 19. bis 22. Dezember mit der Nationalmannschaft an einem Vierländerturnier in Feldkirch. Die DDR spielt gegen die Schweiz, Holland und Österreich. Steinbock trifft beim 3:3 gegen die Schweiz und macht sich nach dem zweiten Spiel bei Nacht und Nebel auf und davon, ein Taxifahrer fährt den Stürmer kostenlos bis ins deutsche Lindau am Bodensee.

Länderturnier in Feldkirch (19. bis 22. Dezember 1984)
Schweiz – DDR 3:3 [in Widnau], DDR -– Niederlande 4:4, Österreich – DDR 7:2. Rangliste: 1. Schweiz 3 Spiele/4 Punkte (16:13). 2. Österreich 3/4 (16: 9). 3. Niederlande 3/2 (10:15). 4. DDR 3/2 (19:14)

SC Dynamo Berlin in der Ausgabe 1988-89, mit Guido Hiller (mittlere Reihe vierter von links) und Stefan Steinbock (unten zweiter von links). (Eisbären Berlin)

Doch die Freude über die Freiheit ist nur von kurzer Dauer, denn die Ostdeutschen sind ausserhalb der DDR 18 Monate nicht spielberechtigt und erhalten keinen Flüchtlingsausweis. Wer verpflichtet einen Spieler, der erstens nicht spielberechtigt ist und zweitens unter das Ausländerkontingent fällt? Nach einer Probezeit in Mannheim kehrt zunächst Steinbock, später Hiller in einer streng geheim gehaltenen Aktion der Stasi in die DDR zurück. Nach kurzer Sperre dürfen beide wieder spielen. Auch die übliche Strafverfolgung bleibt kurioserweise aus.

Zwischen Mauerfall und Aufnahme in die Bundesliga

Nach dem Mauerfall vom 7. Oktober 1989 wurde die letzte DDR-Meisterschaft noch zu Ende gespielt. Noch niemand dachte an eine Bundesliga-Integration der Ost-Teams. So unterschrieb Steinbock auf eine Anfrage von EV Lansdshut-Manager Fax Fedra seinen ersten Profivertrag in Landshut. Hiller vorerst noch nicht.

Auf Betreiben des DEB-Präsidenten Otto Wanner dürfen noch vor der deutschen Vereinigung am 3. Oktober 1990 die beiden Ost-Teams SG Dynamo Weisswasser und SC Dynamo Berlin als Neulinge in der Bundesliga ihr Debüt geben. In Kürze versuchen Rüdiger Noack in Weisswasser und Dieter Waschitzowitz in Berlin, die finanziellen Grundlagen für die neue Zukunft zu schaffen. Aus Marketing-technischen-Gründen wird der SG Dynamo Weisswasser in «Polizei-Eislauf-Verein» (PEV) umbenannt. Der SC Dynamo Berlin nennt sich «EHC Dynamo» und das «D» wird durch den bis heute bekannten «Berliner Eisbär» ersetzt.

Und was ist eigentlich mit dem Landgasthof Bären in Madiswil? Dynamo logierte im Rahmen des Oberaargauer Cups zwar im besagten Landgasthof, jedoch traten an diesem Ort weder Hiller noch Steinbock die Flucht an. Nach der Wende spielten Hiller und Steinbock später zwischen 1996 und 1998 nochmals zwei Saisons zusammen für den ETC Crimmitschau, wo Steinbock heute fürs Marketing der «Eispiraten» zuständig ist, in der zweithöchsten deutschen Spielklasse.

Hier gehts zum Podcast

Die kleinste Meisterschaft der Welt

SaisonPartieSPSUN
1989-90Berlin – Weisswasser1239
1988-89Berlin – Weisswasser66
1987-88Berlin – Weisswasser862
1986-87Berlin – Weisswasser1284
1985-86Berlin – Weisswasser1082
1984-85Berlin – Weisswasser10523
1983-84Berlin – Weisswasser871
1982-83Berlin – Weisswasser10721
1981-82Berlin – Weisswasser1010
1980-81Berlin – Weisswasser6132
1979-80Berlin – Weisswasser642
1978-79Berlin – Weisswasser121011
1977-78Berlin – Weisswasser1073
1976-77Berlin – Weisswasser10523
1975-76Berlin – Weisswasser10442
1974-75Berlin – Weisswasser6213
1973-74Berlin – Weisswasser826
1972-73Berlin – Weisswasser835
1971-72Berlin – Weisswasser8215
1970-71Berlin – Weisswasser8314
Total178972061

Der verpasste Meistertitel

Wenn Rumänien gegen Litauen an der B-Weltmeisterschaft vier Minuten vor Schluss noch 3:5 zurück liegt und die Partie innert zwei Minuten in einen 6:5 Sieg verwandelt, nehmen dies gerade mal 140 Nasen in der Halle von Krynica zur Kenntnis. Der Spielausgang hat im Nachhinein für beide Teams keine Auswirkung über den Klassenerhalt. Im Oktober 2011, führt AIK Solna Stockholm nach zwei Dritteln gegen HV71 Jönköping souverän mit 6:2, in der 42. Minute fällt durch Oscar Ahlström sogar noch das das 7:2. Es geht nur noch darum wie hoch der Sieg bis zur 60. Minute ausfallen würde. Doch alles kommt anders. In der 48. Minute erzielt Jönköping innerhalb von sieben Sekunden zwei Treffer – und für AIK kommts noch schlimmer. Innerhalb von 133 Sekunden gelingt Jönköping zwischen der 51. und 53. Minute der 7:7-Ausgleich! Logischerweise gelingt den Gästen aus Jönköping im Shootout durch Jukka Voutilainen der Siegestreffer zum 8:7-Endstand.

Alles ist angerichtet: Mannheim kann zuhause den siebten Titel holen. (Krein)

DEL-Final

Wer glaubt, solche «Eishockey Wunder» gibts nur in bedeutungslosen Qualifikationsspielen, wird im DEL-Final 2012 eines Besseren belehrt! In der Best-of-five-Serie führen die Adler Mannheim mit 2:1 in der Serie und können im vierten Spiel Zuhause in der proppenvollen SAP-Arena alles klar machen. In der ersten Minute erzielt Christoph Ullmann auch schon den Führungstreffer – die Halle steht bereits Kopf – und die Eisbären Berlin stehen mit dem Rücken zur Wand. Nach einem offenen Schlagabtausch führen die Adler 14 Minuten vor Schluss mit 5:2, Berlin scheint am Boden. Mannheim greift bereits nach dem Pokal und keiner der 13’600 Fans – selbst der optimistischste «Dynamo-Anhänger» im Stadion würde jetzt noch eine Reichsmark (die alte DDR-Währung) auf die Eisbären wetten.

14 Minuten vor Schluss führen die Adler mit 5:2…

die Titelgesänge sind schon im Gang

Nur zehn Sekunden nach dem 5:2, fällt der 3:5-Anschlusstreffer der Berliner durch Jimmy Sharrow. Ab diesem Zeitpunkt stehen die Mannheimer neben den Schlittschuhen und kommen kaum noch über die rote Linie. Innert sechs Minuten läuft der «Dynamo» bis zum 5:5-Ausgleich auf Hochtouren. Wie kann man einen Dreitore Vorsprung in einem Endspiel verspielen? Adler-Trainer Harold Kreis – hat immerhin in der Schweiz schon zwei Titel geholt – kann Mannheims Untergang in den letzten 14 Minuten nicht stoppen und geht mit seiner Mannschaft ehrenhaft unter. Selbst Kevin Schläpfer hätte diesen Vorsprung mit dem EHC Biel verwalten können, lässt mich der Biel-Trainer auf seiner Heimfahrt aus Straubing per Telefon wissen.

Die Eisbären gewinnen in der Verlängerung (64. T.J. Mulock) und holen als Zugabe im fünften Finalspiel Zuhause den sechsten DEL-Titel seit dem Fall der Berliner Mauer. Um es in «Schwyzerdütsch» auszudrücken, die Eisbären Berlin sind die ZSC Lions Deutschlands und die Adler müssen sich als «SCB Deutschlands» trösten lassen.

22. April 2012 (16 Uhr 30) – Spiel 4

Adler Mannheim – Eisbären Berlin 5:6nV (2:1, 1:1, 2:3, 0:1)
SAP-Arena. – 13’600 Zuschauer. – SR Brüggemann /Piechaczek, Schrade /Gemeinhardt. – Tore: 1. (0:42) Ullmann 1:0. 6. Sharrow (Regehr) 1:1. 12. Mitchell (Lee, Ullmann) 2:1. 32. Ullmann (Lehoux, Mitchell /Ausschlüsse Lee, Sim, Hördler) 3:1. 39. Christensen (Talbot, Angell) 3:2. 44. Magowan (Mitchell, Reul) 4:2. 46. MacDonald (Glumac, Sifers) 5:2. 47. Sharrow 5:3. 48. Tallackson (Olver, Busch /Ausschluss Sifers) 5:4. 54. Tyson Mulock (Laurin Braun, Hördler) 5:5. 64. (63:26) T.J. Mulock 5:6. – Strafen: Mannheim 4-mal 2 Minuten, Berlin 3-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Mannheim ohne Kettemer und Dimitrakos (beide überzählig), Berlin ohne Supis, Rankel (beide überzählig), Pederson und Ustorf (beide verletzt). – Lattenschuss Magowan (25.). Time-out Mannheim (53:03). Torschüsse 24:55 (8:17, 8:18, 7:15, 1:5). Ullmann (Mannheim), Sharrow und Christensen (beide Berlin) als beste Spieler ausgezeichnet.
Adler Mannheim: Brathwaite; Wagner, Lee (2); Sifers (2), Belle (2); Reul, Goc; Magowan, Ullmann, Mitchell; Kink, MacDonald, Glumac; Mauer, Lehoux, Arendt; Seidenberg (2), El-Sayed, Plachta.
Eisbären Berlin: Zepp; Regehr, Hördler (4); Sharrow, Baxmann; Angell, Constantin Braun; Christensen, Talbot, T.J. Mulock; Busch, Olver, Tallackson; Sim (2), Felski, Tyson Mulock; Laurin Braun, Weiss, Bielke.

Kreis gegen Laporte

Harold Kreis nach dem Spiel: «Spiel schnell abhaken und uns auf Mittwoch konzentrieren», lautet seine Antwort. (Krein)

Im Frühling 2008 feiert Harold Kreis mit den ZSC Lions den Meistertitel, gleichzeitig muss der für die Playouts engagierte Trainer Benoît Laporte mit dem EHC Basel in die NLB absteigen. Kreis und Laportes Wege kreuzen sich in der einzigen «gemeinsamen» Schweizer Saison nicht. Vier Jahre später kreuzen sich die Routen von Kreis und Laporte im Viertelfinal der Deutschen-Eishockey-Liga (DEL), die Rollen wieder gleich verteilt, geniessen Kreis‘ Mannheimer in der Viertelfinalpaarung als Favoriten das Heimrecht gegen Laportes Hamburger.

Das Trainerduell welches in der Schweiz nie stattgefunden hat, geht dieses Mal aber an Laporte und die Aussenseiter. Die Adler haben die ersten zwei Partien (4:0 und 8:1) in der «Best-of-Seven-Serie» gewonnen und starten im dritten Spiel dementsprechend dominant ins erste Drittel, nach 20 Minuten lautet die Schussstatistik 22:3, welche auch auf dem Videowürfel angezeigt wird.

In der Pause dient die Fankneipe «Friedrichspark», ernannt nach dem altehrwürdigen Stadion der Adler, für eine gemütliche Geselligkeit. Da tauchst du ab in eine andere Welt, das bunte Treiben mit Bier und lautem Pegel lässt einem kurz aus der modernen Arena in den alten Friedrichspark abtauchen, dies nicht nur des Hopfengetränks wegen.

Zu ehren der altehrwürdigen Mannheimer Kultstätte gibts die Fankneipe Friedrichspark. (Krein)

Abtauchen tun ab dem zweiten Drittel nicht die Gäste sondern das Team von Kreis, der einst noch im alten Friedrichspark als Spieler 1997 den Meisterpott gestemmt hat, denn zwei andere «ex-Schweizer» bringen Laportes Aussenseiter in Führung. In der 28. Minute sind Serge Aubin und Brendan Brooks die Hauptverantwortlichen beim Game-Winning-Goal der Freezers. Mit einem Sieg im Gepäck gehts für die Freezers in einer einer fünfstündigen Carfahrt zurück nach Hamburg und knappe drei Stunden dauert die Fahrt zurück in die Schweiz.

25. März 2012

Playoff-Viertelfinal – Spiel 3

Adler Mannheim – Hamburg Freezers 1:2 (1:1, 0:1, 0:0)
SAP-Arena. – 12’289 Zuschauer. – SR Jablukov/Zehetleitner, Kowert/Schelewski. – Tore: 10. Glumac (MacDonald, Sifers) 1:0. 18. Traverse (Collins, Dolak /Ausschluss Goc) 1:1. 28. Aubin (Brooks, Traverse) 1:2. – Strafen: Adler Mannheim 6-mal 2 Minuten, Hamburg Freezers 7-mal 2 plus 10 Minuten (Collins). – Bemerkungen: Torschüsse 44:19 (22:3, 7:11, 15:5), Adler Mannheim ab 59:00 ohne Torhüter. Pfostenschuss Kink.
Adler Mannheim: Brathwaite (Brückmann); Belle, Sifers; Goc, Reul; Wagner, Kettemer; Magowan, Ullmann, Mitchell; Kink, MacDonald, Glumac; Arendt, Lehoux, Mauer; Seidenberg, El-Sayed, Dimitrakos; Plachta.
Hamburg Freezers: Curry (Treutle); Schubert, Köppchen; Traverse, Cook; Nielsen, Köttstorfer; Schmidt; Flaake, Aubin, Oppenheimer; Polaczek, Collins, Engelhardt; Wolf, Festerling, Dolak; Jensen, Brooks.

In den Katakomben von Mannheim

Mannheim, einfach nur «Wow» geht einem durch den Kopf, wenn man die SAP-Arena betritt. Nun habe ich den direkten Vergleich, innert 24 Stunden besuche ich die Bossard-Arena in Zug und die SAP-Arena in Mannheim und beide Spielstätten im Rahmen der NHL-Challenge. Ich muss zugeben, die Bossard-Arena kommt nie und nimmer an das Mannheimer Prunkstück heran. In Mannheim ist alles eine Nummer grösser und imposanter, dazu sind die Sitze komfortabler und es gibt viel mehr Verpflegungsmöglichkeiten.

Spiel statt Stadion

Das Manko liegt lieder auf dem Eis, die Partie zwischen den Adlern und Buffalo Sabres kommt nicht ans Zug-Spiel heran. Anders als die Zuger, geraten die Mannheimer gegen die Sabres, ohne den verletzten «Mannheimer» Jochen Hecht, schon früh in Rückstand. 0:3 stehts nach 20 Minuten und das Spiel ist bereits gelaufen, die Mannheimer Magerkost lässt sich nur durch eine Stadionwurst wettmachen. Auf dem Weg zu einem der zahlreichen Würstchenbuden begegnen mir in den Katakomben der ersten Drittelspause zwei Männer in Schale?


Jim Corsi

„Jim Corsi und Teppo Numminen irren durch die Katakomben der SAP-Arena.“

– Michael Krein, SAP-Arena

Ja klar die Männer in Schale sind Jim Corsi (früherer Azzurri-Hexer und aktueller Torhütertrainer der Sabres) und Teppo Numminen (ex-Spieler und aktueller Assistenzcoach der Sabres).  Diese beiden erwecken kurzzeitig nostalgische-Gefühle, bevor ich mir mein Getränk und meine Stadionwurst zu Gemüte führen kann.

Corbets Nummer 20

Weiter mit Nostalgie gehts in der zweiten Drittelspause, René Corbets Rückennumer 20, wird in einer unvergesslichen Zeremonie, von Corbet selber unter die Hallendecke gezogen, in acht Jahren hat der ehemalgie NHL-Spieler 369 Spiele für die Adler absolviert und war beim Meistertitel 2007 mit dabei. Harold Kreis (Nr. 3), Marcus Kuhl (Nr. 15), Stéphane Richer (Nr. 25) und Robert Müller (Nr. 80) heissen die anderen unsterblichen. Doch auch die Gegenwart hat ihren Platz, geehrt wird auch das erfolgreiche Schülermeister-Team der Jungadler, die Ehrung nimmt Peter Draisaitl’s Sohn Leon für seine Mannschaft entgegen.

Das Spektakel rund um die NHL-Challenge ist gross, nur sportlich fehlt es dem Heimteam an diesem Abend. Im Vorjahr kommen die Adler gegen die San Jose Sharks bis ins Penaltyschiessen, die Sabres um Tyler Ennis (3 Punkte) und Co. schienen gewarnt zu sein.

Buffalo Sabres in Mannheim

Tyler Ennis, Thomas Vanek (Foto) und Jason Pominville steuern je drei Skorerpunkte bei und werden als beste Spieler ausgezeichnet. (nhl.com)

4. Oktober 2011 – NHL-Premiere-Challenge

Adler Mannheim – Buffalo Sabres 3:8 (0:3, 2:3, 1:2)
SAP Arena. – 13’600 Zuschauer. – SR Kovachik /Piechaczek (Ka/De), Lee /Lee (Ka). – Tore: 8. Ennis 0:1. 12. Ennis (Leino, Weber) 0:2. 19. Adam (Vanek, Pominville /Ausschluss Goc) 0:3. 21. Seidenberg (Mauer, Ullmann) 1:3. 22. Boyes 1:4. 28. Sifers (Glumac /Ausschluss Kaleta) 2:4. 34. Ehrhoff (Gragnani, Pominville /Ausschluss Goc) 2:5. 39. Vanek (Adam) 2:6. 49. Glumac (Lehoux, El-Sayed) 3:6. 54. Pominville (Vanek) 3:7. 57. Leino (Boyes, Ennis) 3:8. – Strafen: Adler Mannheim 6-mal 2 Minuten, Buffalo Sabres 3-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Buffalo Sabres ohne Hecht (verletzt). In der zweiten Drittelspause wurde die Trikotnummer 20 von René Corbet unter die Hallendecke gezogen. Brathwaite, Lehoux, Glumac (alle Mannheim) und Ennis, Pominville, Vanek (alle Buffalo Sabres) als beste Spieler ausgezeichnet.
Adler Mannheim: Brathwaite (31. Brückmann); Reul (4), Belle (2); Kettemer, Goc (4); Sifers, Wagner; Kettemer; Mauer, Ullmann, Seidenberg; Arendt, Mitchell, Magowan; Glumac (2), MacDonald, Kink; El-Sayed, Lehoux.
Buffalo Sabres: Enroth (Miller); Ehrhoff (2), Leopold; Myers, Regehr; Weber (2), Sekera; Gragnani; Pominville, Adam, Vanek; Stafford, Roy, Gerbe; Leino, Boyes, Ennis; Kaleta (2), Gaustad, McCormick.

In drei Stunden in die DEL

Zuviel Eishockey im eigenen Land bringt Langeweile, vor allem Herbst-Spiele wie etwa der SC Bern gegen SC Rapperswil-Jona fördern die Abschaffung der sechs Zusatzrunden. Die Liga ist eine Zweiklassengesellschaft und verkommt im Laufe des langen, kalten und dunklen Winters zur Langeweile. Wo kommt man am schnellsten an ein Spiel in einer obersten Spielklasse im Ausland? Für einen Berner Seeländer heisst die Antwort Mannheim, der Tessiner würde nach Italien gehen, der Welsche nach Frankreich und der Bündner nach Österreich. Nur drei Autostunden entfernt liegt Mannheim, der ideale Standort für Abwechslung zum Nationalliga-Alltag.

Die SAP-Arena ist qualitativ und quantitativ für jedes Schweizer Stadion, dies gilt selbst für die neue Bossard Arena, unerreichbar. Die Multifunktionarena hat alles was eine moderne Multifunktionsarena haben muss, dies gilt für die Parkmöglichkeiten (direkt neben der Halle), das Catering auf jeder Etage, der Sitzplatzkomfort (Getränkehalter inklusive) und die Lichter-Show vor dem Spiel. Udo Scholz, der langjährige Stadionspeaker wirkt dreimal professioneller als die Besten unseres Landes, vielleicht ist es auch die Deutsche Tugend der Begeisterung. Die Speakerin in Langnau (Brätt-Mägg-Liin, Ahren Sbiiilo oder Martin Sunnäbärg) würde in Mannheim nicht einmal in der Trainingshalle «speaken» können.

„Kein Stadion in der Schweiz kann der SAP-Arena das Wasser reichen.“

— Krein

Doch was nützt das beste Stadion, wenn das Kerngeschäft auf dem Eis nicht halten kann was die Arena verspricht? Die Partie der 13. Runde zwischen den Adler Mannheim und den Hamburg Freezers ist nicht besser als das Spiel von vorgestern zwischen Bern und Rapperswil. Da war er wieder, der öde Qualifikationsalltag, auch drei Stunden entfernt. Normalerweise dürfte dies beim sechsfachen Deutschen Meister aber anders sein, denn der Unmut der Fans ist schon zu Beginn der Partie deutlich zu spüren. Es wird geklagt und geklönt über die Leistung der heimischen Akteure. Es läuft überhaupt nicht beim Tabellenachten und die Fehlerquote ist hoch. Auch der Gegner lässt zu wünschen übrig, die Hamburg Freezers liegen derzeit noch einen Rang hinter den Baden-Würtembergern.

Zumindest verleiht die Aura der Arena einen gewissen Glanz und man hat das Gefühl, es sei doch irgendwie besser als in den altersbrüchigen Hallen von Ambrì, Langnau oder Biel. Auch drei Stunden entfernt wird das Spiel schliesslich von einem «ex-Schweizer» entschieden: Verteidiger Jame Pollock trifft 15 Sekunden vor Ablauf der Verlängerung im Powerplay zum 3:2 für die Adler. Tja, ein mittelmässiges Spiel. kann in einem erstklassigen Stadion dennoch zum unvergesslichen Erlebnis werden, so das Fazit des kurzen Deutschland-Abenteuers. Selbstverständlich vergebe ich, wie als Blick-Redaktor üblich, drei Sterne für die Stars und die Pflaume des Spiels.

10. Oktober 2010

Qualifikation – 13. Runde

Adler Mannheim – Hamburg Freezers 3:2nV (1:0, 1:1, 0:1, 1:0)
SAP-Arena. – 8’432 Zuschauer. – SR Dahle. – Tore: 16. Seidenberg (Dietrich /Ausschluss Hamburg) 1:0. 29. Goc (MacDonald) 2:0. 30. Polaczek 2:1. 56. Barta (Ausschluss Reul) 2:2. 65. (64:45) Pollock 3:2. – Strafen: Je 4-mal 2 Minuten.
Adler Mannheim: Lang; Pollock, Nikolai Goc; Scalzo, Périard; Reul, Dietrich; Cespiva; Mauer, Kink, Arendt; King, MacDonald, Klinge; Robinson, Papineau, Seidenberg; Plachta, El-Sayed, Ritter.
Hamburg Freezers: Lamothe; Dück, Trygg, Traverse, Cohen, Coté, Köttstorfer, Pienitz, Dotzler; Bassen, Tenute, Engelhardt, Festerling, Flaake, Polaczek, Ouellet, Oppenheimer, Murphy, Holzmann, King, Ostwald, Barta.
Die Stars: ***Nikolai Goc (Mannheim), **Pollock (Mannheim), *Festerling (Hamburg).
Die Pflaume: Reul (Mannheim) – mit seiner hohen Fehlerquote ein Schatten seiner selbst.

Die Mutter aller Niederlagen

Das WM-Abenteuer «Deutschland 2010» dauert gerade Mal einen Tag, ein Tag in Mannheim oder die «Mutter aller Niederlagen gegen Deutschland.» Der Roadtrip beginnt vielversprechend und voller Euphorie, doch die Niederlage beginnt bereits bei unserer Abfahrt, ja sie beginnt bereits bei unserem Entscheid nach Deutschland zu fahren. Logisch, dass unsere Naivität später bestraft werden sollte.

Nach dreieinhalb Stunden ist die SAP-Arena in Sichtweite. Via Schwetzingen und Karlsruhe fahren wir praktisch vors Stadion. Im Auto «schwetzen» wir (Rolf Pfeiffer und ich) davon, wie schön ein Schweizer Sieg heute Abend sein wird. Haben wir tatsächlich gemeint: «Wir fahren nach Deutschland und sind dabei wenn die Schweiz in den Halbfinal einzieht! Sowas darf man nicht verpassen!» Eigentlich logisch, dass es immer anders kommt, gerade bei Spielen gegen die «verhassten» Deutschen.

Fakt ist: Von zehn Freundschaftsspielen gegen Deutschland gewinnen wir neun. Von zehn WM-Spielen gewinnen wir vier! Von diesen vier Siegen gewinnen wir nur ein Spiel wo’s um wirklich etwas geht. Bei wichtigen Spielen gewinnen also immer die Deutschen, bis auf eine einzige Ausnahme: 1992, da gewinnen wir nur, weil wir als krasse Aussenseiter antreten können.

In Mannheim sind wir gegen die «Schwaben» der Favorit. Im «Horst» des Mannheimer Bundesadlers verlieren wir gegen eine zweitklassige Deutsche Mannschaft (auch bei Deutschland fehlen einige Leistungsträger) mit 0:1. Es ist die Höchststrafe für jeden Schweizer Hockeyfan der in Mannheim im Stadion sitzen muss. Die Sprechchöre «Scheiss Verlieeee-rer!» oder «ihr könnt Nachhause fahr’n!» lassen Wut, Hass und Aggressivität selbst beim «normalen» Schweizer Hockeygeniesser aufkommen, wir müssen uns wirklich beherrschen beim Abgang aus der SAP-Arena. Wie geschlagene Hunde ertränken wir uns anschliessend beim Bier.

Es bleibt die Erkenntnis: Wir Schweizer haben’s einfach nicht drauf. Wir sind ein Verliererland, die Angst zu verlieren ist trotz 13 Krueger-Jahren immer noch grösser als der Wille zu siegen. Im wichtigsten Spiel seit 1998 verlieren wir gegen den bisher schwächsten Gegner in einem Viertelfinal. Genau genommen haben wir gegen eine B-Nation verloren, denn die Deutschen sind an der letzten Weltmeisterschaft in Bern abgestiegen.

Hat der Verkauf des Trikots das Spiel für Deutschland beeinflusst? (Rolf Pfeiffer)

Vor dem Spiel verkaufe ich einem Deutschen Fan, im Elton-Verschnitt, mein Deutschland-Trikot. Krein und ein Deutschland-Trikot? Dieses habe ich einmal gegen ein Russland-Jersey bei meinem Kollegen und Blog-Initiator Simon Strecker spasseshalber getauscht. Nach dem Trikot-Verkauf kurz vor Spielbeginn habe ich mich daher gut und siegessicher gefühlt, doch vielleicht war die Partnerin von «Elton» bereits die Mutter der Niederlage…

Die Mutter…

…aller Niederlagen – die Schmach zum Zeitpunkt der Niederlage als Schweizer im Hexenkessel von Mannheim zu sitzen grenzt an Höchststrafe. (Krein)

18. Mai 2018 – 20 Uhr 15 – Viertelfinal

Schweiz – Deutschland 0:1 (0:0, 0:1, 0:0)
SAP-Arena. – 12’500 Zuschauer (ausverkauft). – SR Laaksonen /Sterns (Fi/USA), Brown /Terho (USA/Fi). – Tor: 31. Gogulla (Hospelt, Sulzer) 0:1. – Strafen: Schweiz 3-mal 2 plus 2-mal 10 Minuten (Déruns, Bezina) plus 2-mal 5 Minuten plus Spieldauer (Plüss, Helbling). Deutschland 3-mal 2 plus 10 Minuten (Holzer) plus Spieldauer (Assistent Höfner). – Bemerkungen: Schweiz ohne Manzato, Geering und Niederreiter (alle überzählig), Deutschland ohne Kotschnew und Butenschön (beide überzählig). Timeout Schweiz (58:36), Schweiz ab 58:36 ohne Torhüter. Torschüsse 41:25 (12:6, 10:14, 19:5)
Schweiz: Gerber (Stephan); Seger, Vauclair; Hirschi, Bezina (16); DuBois, Josi; Helbling (25); Déruns (14), Plüss (25), Rüthemann; Duca, Savary, Romano Lemm; Damien Brunner, Ambühl, Monnet; Christen, Trachsler, Jenni; Romy.
Deutschland: Endras (Zepp); Ehrhoff, Dietrich; Krueger, Sulzer; Braun, Holzer (14); Nicolai Goc; Schütz, Marcel Goc (2), Rankel; Wolf, Ullmann, Müller; Hager, Hospelt, Gogulla; Felski, Barta, Kreutzer.

Am Nachmittag gehts entspannt zum skandinavischen Knaller zwischen Schweden und Dänemark. Auch Kevin Schläpfer ist Vorort und auf der Suche nach einem neuen Spieler für Biel: «Eigentlich wollte ich einen Tschechen beobachten, jetzt bin ich am falschen Spiel», so der ironische Biel-Trainer.

Nielsens Stock

Nach dem Viertelfinal-Aus Dänemarks beim applaudieren über Dänemarks WM-Auftritt, streckt mir Dänemarks NHL-Star Frans Nielsen seinen Stock hin? Warum denn gibt mir Nielsen seinen Stock?

Mit diesem Stock wird der Däne zu den drei besten Spielern seiner Mannschaft gewählt, gibt die Vorlage zum 1:3 und muss wegen eines Cross-Checks und eines Stockschlags zweimal auf die Strafbank. Dann dämmert es, mein T-Shirt lädt Nielsen zu dieser Geste ein. Ich trage das T-Shirt der New York Islanders und Nielsen hält mich vermutlich für einen Dänen…

Dänemarks erster Viertelfinal

Die drei besten Dänen der Weltmeisterschaft: Peter Regin, Patrick Galbraith und Frans Nielsen. (Krein)

18. Mai 2010 – 16 Uhr 15 – Viertelfinal

Schweden – Dänemark 4:2 (1:0, 2:1, 1:1)
SAP-Arena. – 3’487 Zuschauer. – SR Levonen /Piechaczek (Fi/De), Dediulja /Semjonow (WRuss/Est). – Tore: 15. Marcus Nilson (Magnus Johansson, Martensson /Ausschluss Daniel Nielsen) 1:0. 28. Andersson (Karlsson, Backlund) 2:0. 33. Wallin (Ausschluss Nylander!) 3:0. 34. Damgaard (Eller, Frans Nielsen) 3:1. 54. Omark (Persson, Harju /Ausschluss Frans Nielsen) 4:1. 58. Morten Madsen (Daniel Nielsen, Damgaard) 4:2. – Strafen: Schweden 5-mal 2 Minuten, Dänemark 6-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Schweden ohne Markström ,Weinhandl und Ericsson, Dänemark ohne Hirsch und Duus. Torschüsse 39:29 (12:7, 16:7, 11:15).
Schweden: Gustavsson (Lindbäck); Magnus Johansson (2), Hedman (2); Jonathan Ericsson, Karlsson; Ekman, Bäckman (2); Lindström, Gunnarsson; Marcus Nilsson, Martensson, Pääjärvi Svensson; Persson, Backlund, Andersson; Engqvist, Omark, Harju (2); Pettersson, Wallin, Nylander (2).
Dänemark: Galbraith (Andersen); Philip Larsen, Lassen; Bödker, Daniel Nielsen (2); Damgaard, Bech Christensen; Morten Madsen, Frans Nielsen (4), Eller; Hardt, Christensen (2), Regin; Degn (2), Morten Green, Jakobsen; Sundberg (2), Kim Staal, Dresler; Jesper Jensen, Lykkesköv.

Von Berlinern und Hamburgern…

Playoff-Zeit ist die beste Zeit. Nun gehts nach Deutschland in die Hauptstadt zum Playoff-Viertelfinal-Auftakt der Deutschen-Eishockey-Liga (DEL). Mit den Eisbären Berlin (1.) und den Hamburg Freezers (8.) treffen zwei Anschutz-Teams aufeinander. Am Nachmittag schlendern wir noch am Brandenburger-Tor entlang, als mir drei bekannte Gesichter auffallen, es sind die Gesichter der Champions-Hockey-League-Helden und Schweizer Playoff-Versagern: Mathias Seger, Lukas Grauwiler und Andri Stoffel flanieren ebenfalls ums Brandenburger Tor herum… …weitere «Schweizer» stehen auf dem heutigen Matchblatt: Ex-ZSC Lions Teamkollege Andy Roach und der ex-Klotener Deron Quint (beide Eisbären Berlin).

Auch drei Akteure der ZSC Lions sind am 13. März 2009 beim Brandenburger-Tor. (Krein)

Nach einem fünfminütigen Fussmarsch vom Berliner Ostbahnhof in Friedrichshain ist sie zu sehen, die O2 World Arena, aktuell Europas modernste Arena. Am 10. September 2008 wurde sie eröffnet. Man könnte die O2 World auch als «Prudential Center Europas» (die aktuell modernste NHL-Arena) bezeichnen, jede europäische Organisation würde von solch einer Arena träumen. Man sitzt wie in einer NHL-Arena, auf dem Oberrang, im Block 405, in der elften Reihe, in einem bequemen Sessel, auf dem neunten Sitz und ausgestattet mit eigenem Getränkehalter, bereits ein dünner Pullover genügt zum Familienerlebnis wie in einem grossen Kino.

«Ich bin ein Berliner?» …oder eben doch nur Pfannkuchen. (Krein)

Von der Grossmutter bis zum Hardcore-Fan, dazu zählen unter anderem die Fans in der Dynamo-Kluft, ist hier alles anzutreffen. Zu Zeiten der ersten Bundesliga-Derbys gegen den Berliner SC Preussen gabs jeweils reichlich Zoff, doch heute ist davon nichts mehr zu sehen. Anders als bei gemächlicher Atmosphäre in der NHL, ist die Stimmung hier riesig – Deutschland eben. Die 14’200 in der ausverkauften «World» sind mit blauen, weissen und roten Klatschpappen ausgestattet und lassen die Arena zum Tollhaus werden. Kulinarisch vermisse ich nur eines, einen «Hamburger!» Stattdessen gibs «Hotdogs» welche an die Würste in Übersee erinnern, doch was ist heute passender als vor- oder während des Spiels einen «Hamburger» zu verzehren?

„Ihre Geschichte haben die Ossies trotz neuer Arena, Namen- und Standortwechsel nicht vergessen: Dynamo!“

— Krein

Die bedauernswerten Gäste scheinen auch ohne «Hamburger» auf der Stadion-Speisekarte «verzehrt» zu werden. Der Qualifikationssieger und aktuelle Meister dominiert das erste Drittel nach Belieben, trotz einem Schussverhältnis von 18:2, führen die «Ostdeutschen» nach zwanzig Minuten nur mit 1:0. Die äusserst effizient spielenden Gäste aus der Hansestadt kommen in der 52. Minute sogar zum 3:3-Ausgleich. Unter dem Ansporn des zweithöchsten Zuschauerschnitts Europas und der Anwesenheit von Doppel-Klub-Inhaber Philipp Anschutz spielt sich der ehemalige «Polizei-Klub» noch zum verdienten und wichtigen 5:3-Sieg im ersten Spiel der «Anschutz-Serie.»

Der ehemalige DDR-Klub zählt heute zu Europas Top-Adressen. Wer hätte dies einst gedacht, im ersten Bundesliga-Jahr nach der Wiedervereinigung mussten die «Eisbären», damals noch als EHC Dynamo Berlin in die 2. Bundesliga absteigen. Doch anders als der West-Klub BSC Preussen, schafft der 15-fache DDR-Meister im Westen die Wende, nicht zuletzt Dank des US-amerikanischen Investors Anschutz-Entertainment-Group (AEG), welche seit 1999 alleinige Inhaberin der Eisbären ist und 2002 auch beim Gegner aus Hamburg eingestiegen ist.

Dynamo ist allgegenwärtig

Die Geschichte haben die Ossies trotz neuer Arena, Namen- und Standortwechsel von Hohenschönhausen an den Ostbahnhof nicht vergessen. Fangesänge wie «Berlin-Ost, Berlin-Ost, Berlin-Ost» oder «Dyyynamo, Dyyynamo, Dyyynamo» sind ebenso präsent wie Dynamo-Schals, Trikots, Fahnen oder die Fanzeitung «Eis-Dynamo.» Die Organisation ist auch für jeden Schweizer ansteckend und manch einer ist geneigt zu sagen «Ich bin ein Berliner.»

13. März 2009 – Viertelfinal (Spiel 1)

Eisbären Berlin – Hamburg Freezers 5:3 (1:0, 2:2, 2:1)
O2 World. – 14’200 Zuschauer. – SR Klau/Piechaczek, Brodnicki/Ponomarjow. – Tore: 12. Robinson (Beaufait) 1:0. 23. Tripp (Sarno, Pelletier /Ausschluss Berlin) 1:1. 32. Rankel 2:1. 38. Felski (Alexander Weiss, Quint /Ausschluss Hamburg) 3:1. 39. Leask (Wilm, Retzer) 3:2. 52. Aab (Manning, Delmore) 3:3. 57. Alexander Weiss (Ustorf, Mulock) 4:3. 60. (59:02) Rankel (ins leere Tor, Ausschluss Berlin!) 5:3. – Strafen: Eisbären Berlin 12-mal 2 Minuten, Hamburg Freezers 9-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Torschüsse 36:16.
Eisbären Berlin: Zepp (Ziffzer); Quint, Hördler; Roach, Baxmann; Braun, Smith; Kramer; Walker, Pederson, Busch; Robinson, Beaufait, Rankel; Alexander Weiss, Felski, Mulock; Ustorf, Daniel Weiss, Swärd.
Hamburg Freezers: Pelletier (Güttner); Delmore, Manning; Karalahti, Blanchard; Leask, Retzer; Sevo; Mueller, Barta, Brigley; Aab, Wilm, Fortier; Smyth, Sarno, Tripp; Pielmeier, Ostwald, Schmidle; Sommerfeld.

Europas Nummer zwei

RangKlubStadionSchnitt
1.SC BernPostFinance Arena16’172
2.Eisbären BerlinO2 World13’746
3.Adler MannheimSAP Arena11’756
4.Frölunda GöteborgScandinavium11’234
5.Kölner HaieLanxess Arena10’342

Horst Eckert und Curt Frenzel

Augsburg steht schon lange auf der Wunschliste, nicht primär wegen der Augsburg Panther, sondern wegen des Deutschen Eishockey Museums, der deutschen Hall-of-Fame mit Sitz in Augsburg. Präsident und Förderer des Museums, welche in einem ehemaligen Hallenbad untergebracht ist, ist Horst Eckert. «Horst Eckert», rund zwei Dutzend seiner Eishockey-Bücher lagern in meinen Regalen und Eckert hat es sogar zu meinem «Lieblingsschriftsteller» geschafft, in den «Freundschaftsbüchern» der Schulzeit.

Eckert, ein Eishockey-Gentleman

Bei einem dreitägigen Augsburg-Trip ist das Eishockey-Museum an der Schwimmschulstrasse die erste Adresse. Statt ins kühle Nass, taucht man in den umgebauten Räumlichkeiten des ehemaligen Hallenbads in die Welt des Eishockeys ein. Gewisse Relikte sind durch Abbildungen in den Büchern von Eckert bekannt. Beeindruckend ist die Ecke über das Eishockey in der DDR oder das Skandal-Trikot des ECD Iserlohn, mit der Werbung «das grüne Buch» von Muammar al-Gaddafi. Die Hockey-Leckerbissen könnten nur durch ein Treffen mit Horst Eckert noch überflügelt werden.

Zum anfassen in der Hallo-of-Fame: Der Stock von Wayne Gretzky. (Bettina Gutmann)

Die Frau an der Kasse erzählt mir, dass Eckert samstags immer kurz vorbeischaue, die Möglichkeit ihn zu treffen ist also so intakt, wie der Ausstellungsteil über «Great One» Wayne Gretzky. Doch Gretzkys-Utensilien werden durch Eckerts Eintreffen am frühen Nachmittag noch getoppt. Der Mann, von dem ich ziemlich jedes seiner Bücher mehrfach durchgelesen und durchgeblättert habe, schüttelt mir die Hand. Wir tauschen uns aus und plaudern über unseren Lieblingssport. Eckert hat mir sogar zwei Freikarten fürs Abendspiel der Augsburg Panther gegen die Düsseldorfer EG, welches sowieso auf meinem Programm steht.

Curt-Frenzel-Stadion

Keine fünf Minuten vom Museum entfernt, liegt das Curt-Frenzel-Stadion. Eine altehrwürdige Spielstätte, 1938 erbaut und 1978 renoviert, trägt den Namen seines Geldgebers und Förderers seit 1971. Frenzel ist in seiner Epoche langjähriger Vorsitzender eines der ältesten Eislaufclubs Deutschlands, der Augsburger EV wird 1878 aus der Taufe gehoben.

Das Stadion ist zwar überdacht, jedoch seitlich offen und daher an diesem Vorweihnachtsabend des 5. Dezember 2003, bitterkalt. Das kalte Bier trägt nicht zur Wärme bei, dafür die warmen Würstel und die sagenhafte Stimmung. Die Deutschen Fan-Gesänge scheinen einen Tick lauter als in den Schweizer Stadien. In der Pause wird Augsburgs All-Star-Team der letzten zehn Jahre verkündet, ebenfalls gewählt wird der aktuelle Keeper Magnus Eriksson, dennoch erweisen sich die Gäste aus Düsseldorf, angeführt von den Norwegern Trond Magnussen und Tore Vikingstad, trotz des neunten Tabellenranges als harter Brocken.

Die hitzige Partie – es kommt zu mehreren Unterbrüchen wegen Gegenständen die aufs Eis fliegen – erwärmt die Gemüter, welche die DEG Metro Stars in Eckerts und meiner Anwesenheit gegen das viertplatzierte Augsburg mit 3:1 gewinnen. Für die Mannschaft von Benoît Laporte ist es die erste Heimniederlage nach 60 Minuten und der Düsseldorfer Vikingstad trifft mit dem zweiten «Tore» und Game-Winning-Goal erstmals nach 1’712 Minuten wieder ins Schwarze.

5. Dezember 2003 – 25. Spieltag

Augsburger Panther – Düsseldorfer EG Metro Stars 1:3 (0:1, 1:1, 0:1)
Curt-Frenzel-Stadion. – 5’595 Zuschauer. – SR Reichert. – Tore: 12. Mikesch (Tory, Kreutzer /Ausschlüsse Augsburg) 0:1. 35. Oravec (Girard, Kofler) 1:1. 38. Vikingstad (Ulrich) 1:2. 52. Magnussen (Kreutzer, Mikesch) 1:3. – Strafen: Augsburger Panther 13-mal 2 Minuten, DEG Metro Stars 9-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: DEG Metro Stars ohne Brittig (krank), 2. Drittel Pfostenschuss Mikesch, Torschüsse 18:27.
Augsburger Panther: Eriksson;
DEG Metro Stars: Trefilow;