Morgens um neun Uhr klingelt das Telefon, Telebärn-Mann Koch braucht einen „Experten“ für die Sendung des gleichen Tages. Heutiges Thema: „der neue SCB-Coach Johan Lundskog.“ Die Angelegenheit ist zwar äusserst kurzfristig, dennoch lasse ich mir den Auftritt als Experte nicht entgehen.
Für Lundskog ist es der erste Saisonstart als Headcoach, zuvor stand der Schwede zwei Jahre beim HC Davos- und drei Jahre bei den Frölunda Indians in Göteborg, dem erfolgreichsten Team Europas der letzten Jahre, als Assistent hinter der Bande. Wie für Lundskog ist es auch für mich eine Premiere, stehe ich normalerweise doch auf der anderen Seite der Kamera.
Die «genferische» Tribüne, der Vernets-Halle an der Hans-Wilsdorf-Strasse, strahlt auch noch 63 Jahre nach ihrem Bau. (Krein)
Immer auf dem Weg nach Genf erinnere ich mich an die Geschichte vom damaligen Slapshot-Redaktionsleiter Bernhard «Bärni» Grimm, heute GrimmKomm, als er in der ersten Saison nach dem Genfer Wiederaufstieg in die NLA mit dem gesamten Slapshot-Promo-Material bei Bardonnex – ohne Pass – über die französische Grenze gefahren ist, dies weil er bei der Verzweigung Perly den falschen Weg gewählt hat. Diese «genferische» Geschichte führt mich, Grimm sei Dank, auch Jahre danach noch immer Richtung «La Praille» bis «Vernets» angezeigt wird.
Die Verzweigung-Perly wurde 2002 Bernhard Grimm zum Verhängnis… (Krein)
Nicht in Frankreich, aber im Parkhaus der Rolex soll die Presse beim ersten Playoff-Spiel gegen Freiburg-Gottéron geparkt werden. Nach 19 Jahren Genf-Retour auch für mich ein Novum und dieses lässt mich kurzzeitig im Stile eines Jacques Tati Films durch die grosse Eingangshalle der Rolex irren. Ein freundlicher «genferischer» Securitas-Mann weist mir dann den Weg Richtung rettenden Ausgang und Richtung Eishalle.
Die Vernets-Halle an der «Rue-Hans-Wilsdorf 4», ein Bauwerk von 1958 und so aus der gleichen Epoche wie Tatis erste Meisterwerke in Farbe, wirkt aus der Ferne immer noch zeitlos. Zeitlos ist auch die Playoff-Bilanz der Gäste aus dem Kanton Freiburg, Gottéron hat noch nie eine Playoff-Serie, immerhin schon drei Serien, gegen die Servettiens gewonnen.
Die Ausgangslage zu einem zweiten Gottéron-Sieg ist so gut wie nie zuvor, denn Genf muss auf Tanner Richard und Noah Rod verzichten. Letzterer wird aber kurz vor dem Warm-up wieder als einsatzfähig gemeldet und die Wichtigkeit des Genfers Captains unterstreicht auch Sportchef Marc Gautschi vor dem Spiel im MySports-Interview (siehe Tweet). Das Warten vor dem Interview verkürzen wir uns mit einem Hockey-Talk über den finnischen Zweitligisten Hermes Kokkola, die KHL und den ehemaligen Genfer-Junior Jonathan «Jo» Aeby. Irgendwie ist alles Genf und «genferisches» liegt auch in der Luft.
Marc Gautschi: «Wir müssen jetzt mit Leidenschaft spielen»
Aeby spielte letzten Herbst beim SC Lyss in der MySportsLeague, der «genferische» Stürmer ist dort aber nicht mehr erwünscht. Gautschi hat nur Gutes über den dreifachen Nachwuchs-Schweizermeister (zweimal mit der U20 und einmal mit der U17) mit Servette berichtet. Sportchef Gautschi hat sich noch vor der ersten Pause über den Mann aus dem eigenen Nachwuchs erkundigt und erläutert mir in der Drittelspause dessen Clubsuche in der Romandie. Aeby selber bestätigt die Aussage des Sportchefs noch vor Genfs 3:1-Sieg per WhatsApp-Nachricht. Bestätigt hat sich auch die Aussage von Gautschi über die Wichtigkeit von Kapitän Rod, dessen Vater Jean-Luc einst für beide Kontrahenten gespielt hat, welcher seine Mannschaft an einem «genferischen» Abend zum Ausgleich der Viertelfinal-Serie führt.
15. April 2021
Genf-Servette – Freiburg-Gottéron 3:1 (1:0, 0:1, 2:0) Patinoire les Vernets. – 0 Zuschauer. – SR Lemelin/Mollard, Altmann/Wolf. – Tore: 4. Smirnovs (Vermin, Moy /Ausschluss Kamerzin) 1:0. 37. Mottet (Desharnais) 1:1. 52. Tömmernes (Vermin, Jacquemet) 2:1. 60. (59:44) Vermin (Winnik, ins leere Tor) 3:1. – Strafen: Genf-Servette 4-mal 2 Minuten, Freiburg-Gottéron 5-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: PostFinance-Topskorer: Arnaud Montandon; Herren. Genf-Servette ohne Maurer, Mercier, Richard (alle verletzt) und Asselin (überzähliger Ausländer), Fribourg-Gottéron ohne Brodin und Rossi (beide verletzt). Freiburg-Gottéron von 58:24 bis 58:27 und 58:41 bis 59:44 ohne Torhüter. Genf-Servette: Descloux; Jacquemet, Tömmernes; Karrer, Le Coultre; Guebey, Völlmin; Smons; Vouillamoz, Winnik, Omark; Rod, Fehr, Vermin; Moy, Kast, Miranda; Arnaud Montandon, Berthon, Patry; Smirnovs. Freiburg-Gottéron:Berra; Gunderson, Chavaillaz; Sutter, Furrer; Kamerzin, Jecker; Abplanalp; Bougro, Schmid, Jörg; Stalberg, Desharnais, Mottet; Herren, Marchon, DiDomenico; Sprunger, Walser, Bykow; Jobin.
Die Pre-Playoff-Premiere in der Schweiz wird durch das verflixte Corona-Jahr wohl immer in Erinnerung bleiben, «damals wurden doch die Pre-Playoffs eingeführt, im Jahr der ersten Pandemie», wird man wohl dereinst sagen. Die Schweiz ist das letzte Land Europas grosser Hockeynationen, welches den neuen Vor-Playoff-Modus adaptiert. Finnlands SM-liiga war 2004-05 der Vorreiter dieses Spektakels. Zwei Jahre später folgten Deutschland und Tschechien, 2013-14 Schweden und vor zwei Jahren die Slowakei. Bern und Rapperswil-Jona sind die ersten Nutzniesser der schweizerischen Version und gehen, im Land der ängstlichen Favoriten, erstmals als Sieger hervor.
Im zweiten Spiel adaptiert sich die leere, imposante PostFinance-Arena auf die Torproduktion des Heimteams und dem amtierenden Schweizermeister, aktuell der längste Schweizermeister seit dem HCD beim Zweiten Weltkrieg, gelingt kein Treffer gegen Sandro Aeschlimann und Co. Bündner und Berner haben sich im Lauf der Jahre schon sieben packende Playoff-Duelle geliefert, dabei fünfmal mit dem besseren Ausgang für die gelb-blauen. Dies gelingt dem hervorragend eingestellten Team von Christian Wohlwend vorerst auch im zweiten Spiel der neuen Pre-Playoffs.
Derweil fällt der erste Favorit 160 Kilometer östlich von Bern durch das «Swiss-Cheese-Modell», Das Schweizer-Käse-Modell ist eine Verkettung von Unfallursachen, welche von latenten und aktiven menschlichen Fehlern, im Zusammenhang mit einer ungünstigen Kombination vieler ursächlicher Faktoren zu einem unerwünschten Ereignis führen. Mehr gibts dazu nicht zu sagen.
Mehr zu sagen hätte es bei der Trauerminute zu Ehren vom langjährigen SCB-Funktionär Max Sterchi gegeben. SCB-Original und Parkplatz-Chef Jüre Wymann, bekannt als «SCB-Jüre» hat mir beim passieren der Barriere zu den Presseparkplätzen Sterchis Lieblingsgeschichte erzählt: Es war im Februar 1965, als der SCB in Villars zur letzten und entscheidenden Partie um den Schweizermeistertitel antrat, unter heftigem Schneefall musste das Eis in den letzten zehn Minuten dreimal gereinigt werden, der SCB führte bereits mit 3:0, als das Heimteam einen Spielabbruch forderte, doch Head-Schiedsrichter Heinrich Ehrensperger liess sich davon nicht beirren und die Berner feierten ihren zweiten Meistertitel. Diese Geschichte, so SCB-Jüre, habe Sterchi immer wieder gerne erzählt.
Wer weiss, dereinst wird vielleicht ein langjähriger SCB-Funktionär auch die Geschichte von der leeren PostFinance-Arena, den ersten Pre-Playoffs während der ersten Pandemie, welche nicht nur den Eishockeysport weltweit beeinträchtigt hat, erzählen: Es war im April 2021, als der SCB…
Nach 57 Minuten und 28 Sekunden steht es 1:0 für den HC Genf-Servette, der EHC Biel braucht unbedingt einen Sieg um sich noch direkt für die Playoffs zu qualifizieren. Nach 59 Minuten und 21 Sekunden steht es 5:1 für Biel – unmöglich? Deshalb lieben wir den faszinierendsten Sport der Welt, Biel schiesst innert 112 Sekunden fünf Tore und bleibt damit im Rennen um einen direkten Playoff-Platz. Beat Forster, Yannick Rathgeb (Biel ohne Torhüter), zweimal Fabio Hofer und Janis Moser heissen die Torschützen des «Wahnsinns von Genf.»
Wie vor 45 Jahren
Was für ein Spiel, sechs Kommentatoren legen nach 60 Minuten mit ungläubigen aber glücklichen Gesichtern ihr Headset ab, einen Treffer haben wir in 57 Minuten kommentiert… …der Rest geht in die Geschichtsbücher ein. Apropos Geschichte, die Seeländer verblüfften schon einmal mit einem Torrausch: Am 6. Januar 1976 lag Biel nach 57 Minuten gegen den HC Sierre mit 4:6 Toren in Rückstand in die Überraschung für die Walliser gegen den Leader schien perfekt. Nur eine Minute später stand es 8:6 für die Hausherren. Was für ein Schlussspurt, angefeuert von 7’700 Zuschauern, schossen die Seeländer innert 53 Sekunden vier Tore. Reto Lohrer, René Berra, Barry Jenkins und René Stämpfli hiessen die Torschützen zwischen 57:21 und 58:14 beim «Wunder» von Biel.
Das «Wahnsinn» von Genf geht unter die Haut, Direktbeteiligte und Journalisten sind Minuten später noch beflügelt durch den Effort der Seeländer. Aber nicht alle sind derart aufgewühlt, Beat Forster, «Flaschenöffner» für Biel und Urheber des Genfer Unheils, ist schon kurz nach dem Spiel äusserst gelassen, was man von mir und meinen Fragen nicht behaupten kann (Interview): Sollte es nicht «abgezeichnet» heissen? Einen äusserst turbulenten Tag hinter sich hat Biel-Sportchef Martin Steinegger, am Nachmittag sieht er wie Biels U20-Elit-Junioren im Playoff-Final gegen Zug (2:7) fünf Gegentore innert 12 Minuten und 42 Sekunden hinnehmen müssen, ein paar Stunden später wird er Zeuge des Wahnsinns von Genf.
Verarbeiten ohne Bier
Auch Fabio Hofer, der an drei Treffern beteiligt ist, hat sowas weder in Österreich noch in der Schweiz je erlebt und muss dies geistig noch verarbeiten. Nach den Interviews würden sich die Berichterstatter nach so einem Spiel normalerweise in der Prime’s Fine Food & Sports Bar, dem ehemaligen «McSorley’s», ein Bierchen gönnen um erlebtes gemeinsam zu verarbeiten. Ja dieses Spiel hätte eine ausverkaufte Les Vernets Halle mehr als verdient gehabt, es ist eines jener Spiele über welches man in 45 Jahren noch darüber spricht, ob dann noch einer weiss, weshalb es keine Zuschauer gab?
Wie ich, muss Fabio Hofer eben erlebtes noch verarbeiten. (Andreas Ruefer)
Der 112-Sekunden Wahnsinn von 2021
Zeit
Sekunden
Torschütze
Spielstand
57:29
0
Forster (Hofer, Künzle)
1:1
57:41
12
Rathgeb (Pouliot, Trettenes)
1:2
58:03
34
Hofer (Lindbohm, Komarek)
1:3
58:56
87
Hofer (Van Pottelberghe)
1:4
59:21
112
Moser (Pouliot, Brunner)
1:5
Das 53-Sekunden Wunder von 1976
Zeit
Sekunden
Torschütze
Spielstand
57:21
0
Lohrer
5:6
57:46
25
Berra
6:6
57:59
38
Jenkins
7:6
58:14
53
Stämpfli
8:6
3. März 2021
Genf-Servette – Biel 1:5 (1:0, 0:0, 0:5) Les Vernets. – 0 Zuschauer. – SR Hebeisen /Fluri; Obwegeser /Progin. – Tore: 19. Omark 1:0. 57:29 Forster (Hofer) 1:1. 57:41 Rathgeb (Ausschluss) 1:2. 58:04 Hofer 1:3. 58:56 Hofer (Ausschluss/ins leere Tor) 1:4. 59:21 Moser (Komarek/Ausschluss) 1:5. – Strafen: Genf-Servette 4-mal 2 Minuten, Biel 3-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Genf-Servette ohne Maurer, Mercier (beide verletzt), Fritsche und Riat (beide überzählig). Biel ohne Fey (verletzt während Einlaufen), Hischier, Hügli (beide Isolation), Rajala (rekonvaleszent), Kreis, Tanner (beide vorsorgliche Quarantäne), Fuchs, Lindgren, Lüthi (alle verletzt) und Schläpfer (Langenthal), dafür erstmals mit Augsburger und Jaquet (B-Lizenz La Chaux-de-Fonds). Biel von 57:33 bis 57:41 ohne Torhüter. Genf-Servette von 58:12 bis 58:56 ohne Torhüter. Genf-Servette: Descloux; Jacquemet, Tömmernes; Karrer, Le Coultre; Völlmin, Smons; Guebey; Moy, Fehr, Miranda; Vouillamoz, Winnik, Omark; Patry, Richard, Vermin; Montandon, Kast, Berthon; Smirnovs. Biel: Van Pottelberghe; Moser, Stampfli; Rathgeb, Lindbohm; Sartori, Forster; Jaquet; Brunner, Pouliot; Trettenes; Ulmer, Komarek, Hofer; Kessler, Cunti, Künzle; Kohler, Gustafsson, Augsburger.
Miles Mueller vor seinem Debüt in der QMJHL. (Moncton Wildcats via Mathias Müller)
Drei Stunden vor dem Spiel kommt ein Anruf aus Moncton, die Wildcats brauchen noch einen Stürmer für das Spiel gegen die Saint John Sea Dogs in der Quebec-Major-Junior-Hockey-League (QMJHL). Miles Müller ist der Spieler der kurzfristig ins Team der Wildcats berufen wird. Eigentlich hätte er ab kommender Woche in Moncton trainieren können, nun gehts ohne Training direkt ans erste Auswärtsspiel der Wildcats. Kurioserweise liegt Müllers derzeitige Station Rothesay nur knapp 30 Minuten von Saint John entfernt und so stösst Müller in der Auswärtskabine erstmals zu seinen neuen Teamkameraden.
Müller spielt aktuell bei der Rothesay Netherwood School in der U18-AAA und ist nach neun Spielen Topskorer seiner Mannschaft. Moncton, welches rund anderthalb Autostunden entfernt liegt, hat den 16-jährigen «Bieler» aus Orvin letzten Sommer im QMJHL-Draft als Nummer 183 gezogen. Noch vor einen Jahr spielte der U17-Internationale bei den U17-Elit-Junioren des EHC Biel-Spirit und auch zwei Spiele bei den U17-Top vom Partnerteam SC Lyss, wo sein Vater als Präsident vorsteht.
Aus bekannten Gründen startete die Saison in der höchsten frankophonen Juniorenliga der Welt erst am 10. Februar 2021. Müller ist am 20. März erst der 30. Schweizer in der QMJHL und kommt im vierten Block neben Owen Stammer und Nathan Casey zu seinen ersten fünf «Shifts» als drittjüngster Spieler der Liga. Seine prominentesten Vorgänger heissen Timo Meier, Sven Andrighetto, Philipp Kurashev oder Nico Hischier. Beim Spiel in Saint John trifft Müller auf einen Klubkollegen, Torhüter Noah Patenaude spielt bereits seine zweite Saison in Übersee bei den Sea Dogs. Patenaude hat wie Müller, die Juniorenstufen beim EHC Biel-Spirit durchlaufen.
Neben Müller und Patenaude spielen aktuell mit den beiden U20-Internationalen Lorenzo Canonica (Shawinigan Cataractes) und Attilio Biasca (Halifax Mooseheads) zwei weitere Schweizer in der «Q», wie die Liga in Kanada auch genannt wird. Bei Moncton ist Müller nach Axel Simic (heute ZSC Lions) und Simon Le Coultre (Genf-Servette) der dritte Schweizer- und aus Lysser Sicht, gar der erste Spieler, der je ein SCL-Trikot- und ein Jersey der QMJHL getragen hat.
Typisch nordamerikanisch, liegt das Jersey für den Debütanten, trotz der kurzfristigen Berufung, mit aufgesticktem Namen bereit. Beim Warm-up läuft der neue «MUELLER» mit der Nummer «17» auch erstmals ohne Gesichtsschutz ein, was seine Eltern vor dem Livestream im beschaulichen Orvin irritiert. Vater Mathias: «Helm und Zahnschutz lagen ebenfalls schon bereit» und Mathias «Mat» Müller wird während des Spiels via «Tweet» sogar vom Livekommentator erkannt und im laufe der Partie, welche die Wildcats nach einer 3:0-Führung noch 5:6 verlieren, erwähnt. Im Mutterland des Eishockeys ist eben alles eine Nummer grösser, professioneller und beindruckender, so wie Müllers berühmte Vorgänger in der «Q» (siehe Tabelle).
Original-Kommentar (QMJHL-Streaming)
Alle Schweizer in der Quebec-Major-Junior-Hockey-League
Von 50 oder 52 Qualifikationsspielen sind vielleicht ein Viertel der Partien ein Knüller und der Rest wird als „Pflichtprogramm“ abgespult. Die Partie zwischen dem HC Lausanne und dem EHC Biel, am 20. März 2021, gehört zur Kategorie „Knüller.“ Lausanner und Bieler liefern elf Tore in 61 Minuten und 25 Sekunden, dabei ist auch der Spielverlauf entscheidend. Die Gäste führen nach zwölf Minuten mit 3:0 und nach 29 Minuten mit 4:2, doch das Heimteam findet immer einen Weg zurück und holt mit der erstmaligen Führung den zweiten Punkt.
In der ersten Pause kommt Journalisten-Saurier Anton „Toni“ Abbühl zu mir und erzählt, dass ihn diese Partie bisher nicht erwärmt und ich stimme ihm aus Lausanner Sicht zu. Abbühl ist seit 1978 in der gesamten Westschweiz als freier Journalist unterwegs und weiss alles was man über das Sportgeschehen in der Romandie wissen muss. Abbühl hat aus technischer Sicht vom ersten Rapport via Telefonkabine, über den Telex bis zu Socialmedia- und aus sportlicher Sicht den Auf- und Niedergang des Lausanner- und Genfer Hockeys bis in die 1. Liga miterlebt.
Als Aufgang entwickelt sich auch die Partie zwischen Lausanne und Biel, im zweiten Abschnitt wird die Partie eben zu einem dieser Spiele, welche man gesehen haben muss – und dies auch in einer Journalisten-Karriere von 43 Jahren. Abbühl und ich sind uns in der zweiten Pause bewusst, welches Glück wir haben, überhaupt noch live vor Ort sein zu dürfen und umso mehr, wenn sich die Partie als Knüller entpuppt. Nicht im Traum dürfen wir uns an die Vorstellung wagen, welch Wahnsinn diese Partie in einem ausverkauften Haus von 9’600 Zuschauern gewesen wäre. Wir sind überzeugt, dass sich auch der schönste Sport der Welt in naher Zukunft wieder als „absoluter Knüller“ erweisen wird.
Ein wahres Highlight befindet sich in Gottérons Luxus-Liner. (Krein)
Fribourg-Gottéron trifft um 17 Uhr 45 in der Vaudoise Arena in Lausanne ein. Der Mannschafts-Car kann durch die Tiefgarage der Arena fast bis aufs Eisfeld fahren und so haben die Spieler Freiburgs einen kurzen Laufweg zur Gästekabine. Doch noch viel beeindruckender als der kurze Laufweg ist der Aus- und Einstieg beim Luxus-Liner des Carunternehmens «Horner Romandie», denn die Spieler laufen durch eine «Logo-Projektion» Gottérons. Was der Luxus-Liner auf den Asphalt projiziert, projizieren Julien Sprunger und Co. in der Vaudoise Arena aufs Eis.
Grossartig ist das Logo auf dem Asphalt und grossartig ist auch Freiburgs 2:1-Sieg in der Kantonshauptstadt der Waadtländer. Wer diesem Car entsteigt, erhält durch die futuristische Genialität automatisch einen Energieschub, so «scheint» es zumindest wortwörtlich für die Freiburger. Der luxuriös ausgestattete Horner-Liner ist nach den neuesten Erkenntnissen der Technik, Umwelt, Verkehrssicherheit und des Fahrkomforts erbaut und gemeinsam mit Gottéron steuert der Car zum nächsten hockeytechnischen «Highlight.»
75-Jahre SCL Tigers, Ivars Punnenovs ist der aktuellste Tigers-Goalie der Geschichte. (Krein)
Im Rahmen des 75-jährigen Jubiläums empfangen die SCL Tigers den Leader EV Zug. Der SC Langnau wurde am 30. Januar 1946 gegründet, deshalb wird der Spielbeginn sogar eine Minute nach hinten, auf 19 Uhr 46 gelegt. Im Rahmen des Jubiläums hat die Fanszene Langnau eine „Fan-Töggle“ Aktion ins Leben gerufen, die Organisation der SCL Tigers die Fondueaktion „#tigersfondue“ und ein Jubiläumsdress mit 1’400 Namen von Abonnenten, welche sich solidarisch zeigen und keine Rückerstattung für ihr Jahresabo beantragen.
Auch zwei Youngsters schreiben ein neues Kapitel. In der 43. Minute gibt der 17-jährige Zuger Dario Sidler die Vorlage zu Sven Leuenbergers 6:2. Es ist der erste Skorerpunkt im zweiten Spiel des Zuger U20-Juniors, der ursprünglich aus dem Nachwuchs des Küssnachter SC stammt. Doch auch die Jubilare, deren Nachwuchs in den 80er Jahren auf der U20-Stufe drei Meistertitel feiern konnte, haben eine Antwort auf Sidler.
Nur drei Minuten später trifft die Namenlose Nummer 55 in seinem erst dritten NL-Spiel. Der Torschütze ist der 18-jährige Joel Bieri, Topskorer der U20-Elit-Junioren. Trotz der 4:9-Niederlage geht für Bieri ein Traum in Erfüllung, Captain Pascal Berger hat ihm den Puck nach dem Spiel überreicht, und neben der Torpremiere erlebt das Langnauer Eigengewächs auch noch seine Interview-Premiere vor der Kamera – und passend zu seinem ersten Treffer, brilliert der Youngster auch schon vor der Kamera.
Luca Hischiers Enttäuschung ist schon vor dem Interview spürbar. (Hervé Chavaillaz)
Was für ein Tor, beim 3:1 tanzt Luca Hischier durch die Berner Abwehr und versenkt die Scheibe am nahen Pfosten. Der dritte Treffer von Hischier würde selbst seinen kleinen Bruder in Newark verblüffen. Die Bieler führen acht Minuten vor Schluss sogar mit 5:1 und jubeln dementsprechend verhalten wie die alten Sowjets. Doch Tabellenschlusslicht und Hischier-ex-Klub Bern kommt sieben Sekunden vor Schluss noch zum Ausgleich.
Diese Aufholjagd und den Punktverlust trübt leider auch die Stimmung des Kunstschützen der 38. Minute, dementsprechend gestaltet sich auch das Interview nicht so wie es hätte sein sollen. Der Teamgedanke steht eben immer im Vordergrund und der SC Bern? Headcoach Mario Kogler hat seine Zielsetzung, welche er vor dem Spiel bekannt gegeben hat, erreicht.
31. Januar 2021
Biel – Bern 6:5nV (0:1, 4:0, 1:4, 1:0) Tissot-Arena. – 0 Zuschauer. – SR Hebeisen/Nikolic, Obwegeser/Steenstra (Sz/Ka). – Tore: 1. (0:48) Simon Moser (Scherwey) 0:1. 25. Brunner (Lindbohm) 1:1. 27. Jason Fuchs (Cunti, Brunner /Ausschluss Berger) 2:1. 38. (37:38) Hischier (Kreis, Janis Moser) 3:1. 39. (38:28) Brunner (Forster) 4:1. 50. Kreis (Rajala, Pouliot) 5:1. 53. (52:09) Simon Moser (Brithén) 5:2. 54. (53:24) Untersander 5:3. 54. (53:41) Olofsson (Jeffrey) 5:4. 60. (59:53) Praplan (Jeffrey, Andersson, Bern ohne Torhüter) 5:5. 63. Cunti (Brunner, Kreis) 6:5. – Strafen: Biel 4-mal 2 Minuten, Bern 2-mal 2 plus 10 Minuten (Berger). – Bemerkungen: PostFinance-Topskorer: Cunti; Jeffrey. Biel ohne Hofer und Ulmer (beide verletzt), Bern ohne Rüfenacht und Sciaroni (beide verletzt). Bern von 57:36 bis 58:35 und 58:55 bis 59:53 ohne Torhüter. Biel: Van Pottelberghe; Kreis, Janis Jérôme Moser; Forster, Rathgeb; Lindbohm, Fey; Kessler, Sartori; Hügli, Pouliot, Rajala; Hischier, Komarek, Jason Fuchs; Brunner, Cunti, Künzle; Kohler, Gustafsson, Tanner. Bern: Karhunen; Untersander, Henauer; Burren, Beat Gerber; Andersson, Blum; Thiry, Colin Gerber; Olofsson, Brithén, Jeffrey; Scherwey, Praplan, Simon Moser; Bader, Heim, Pestoni; Berger, Neuenschwander, Jeremi Gerber.
Ausblick von der Medientribüne in der Vaudoise-Arena. (Krein)
Nur vier Kilometer von der Vaudoise-Arena entfernt hat der Hockey-Club La Villa aus dem Lausanner Stadtteil Ouchy 1905 in den ersten Schweizermeisterschaften Geschichte geschrieben. Bis 1910 spielten Westschweizer die Schweizermeisterschaft unter sich aus. 115 Jahre später treten die Lausanner mit der modernsten Arena des Landes in Prilly wieder als Vorreiter auf. Unter normalen Umständen hätte die Vaudoise-Arena im Frühling 2020 bereits die erste Weltmeisterschaft hinter sich, stattdessen imponiert das Eishockey-Juwel auch in der 38. Runde der National-League nur durch ihre leeren Ränge.
Kernstück des imposanten Sportzentrums, welches durch die Centre-Sportif-de-Malley (CSM) betrieben wird, ist eine Eishalle mit 10’000 Plätzen. Hinzu kommen eine Trainingshalle im zweiten Untergeschoss und eine Eisbahn im Freien. Dazu gibts ein Hallenbad mit drei Wasserbecken, darunter ein Olympiabecken, eine Sporthalle sowie diverse Räumlichkeiten. Das komplexe Stadion wird zudem nach neuestem Energiestandard betrieben, so wird beispielsweise die Abwärme der Kältemaschinen für das heizen der Schwimmbecken genutzt.
Durch Crissier und Renens
Während der Anfahrt, via Crissier und Renens läuft, es könnte nicht passender sein, ein Song von Bastien „Bastian Baker“ Kaltenbacher, der selber zwei Jahre in Lausanne bei den U20-Junioren verbracht hat oder dessen Vater Bruno zwischen 1981 und 1984 im Fanionteam Lausannes in der Nationalliga-B- und ein Jahr beim heutigen Gegner Ambri-Piotta gespielt hat. Die Anfahrtsgemeinde Renens trägt, zusammen mit Prilly und Lausanne ebenfalls zu den jährlichen Betriebskosten von rund 12 Millionen Schweizer Franken bei.
Drei Eisbahnen beherbergt die Vaudoise-Arena in Prilly. (Krein)
Die Laufwege sind trotz der grossen Arena äusserst kurz, das Treppenhaus für die Presse führt direkt zum Car-Platz der Gäste, welche durch einen Tunnel bis zum Eisfeld fahren können. Dies tut Ambri jeweils ohne seinen Trainer, denn Luca Cereda fährt immer mit dem Privatauto. In diesem Bereich, wo sich auch Ambris Spieler fürs Spiel vorbereiten, befindet sich auch ein Verbindungsstollen zwischen der Hauptarena- und der Trainingshalle, welche auch per Lift zu erreichen ist.
Vierte Spielstätte
Wenn Lausanne auf Ambri-Piotta trifft ist dies die 68. Partie im Oberhaus. Erstmals gabs diese Affiche, lange nach der Zeit des HC La Villa, am 12. Dezember 1953 auf der offenen Eisbahn Montchoisi, die Gäste siegten damals mit 14:2, später trafen die heutigen Gegner in der Patinoire de Malley und im Provisorium Malley 2.0 aufeinander. Die Vaudoise-Arena ist bereits der vierte Lausanner Spielplatz in der Geschichte dieses Duells, doch vor leeren Rängen ist es eine Premiere.
Nicht mit leerem Magen steigen die Presseleute ins Spiel, denn ein Medien-Angestellter verteilt, bereits zwei Stunden vor Spielbeginn, unter dem Hallendach auf der obersten Etage, Lunchsäckli direkt sur-place. Vor 115 Jahren galt der HC La Villa als Wegbereiter der später gegründeten nationalen Liga, heute gilt Lausannes Arena mit ihrem Service vielleicht als Wegbereiter für die künftige Medienverköstigung?
Gerhard Schöni und Daniel Hirschi bei ihrem Down-Under-Abenteuer im Queensland-Trikot beim Goodall-Cup 1979 in Melbourne. (Archiv Gerhard Schöni)
«Michu du hesch de es Bier z guet», sagt Gerhard Schöni, nachdem der 63-Jährige im Januar 2021 erstmals seit 1979 ein Teamfoto seiner Mannschaft zu sehen bekommt. Doch das ist nur der Anfang einer Geschichte über einen der ersten und letzten Abenteurer im Niemandsland des Eishockeys, dies zu einer Zeit wo noch kaum ein Schweizer zuvor irgendwo im Ausland die Schlittschuhe geschnürt hat.
Ein Mikrofilm rattert und ein schwarzes Zeitungsband im negativ schnellt vorbei. Gesucht sind Artikel über den SC Lyss, zu dessen 50-jährigem Jubiläum ich die erste Klubchronik verfassen soll. Wer sucht, der findet… …aber manchmal auch anderes. Nach Stunden schnellt ein Hockey-Artikel vorbei, bei dem ich kurz innehalten muss. Die Seite 33 der Berner Zeitung vom 26. Januar 1980 titelt «Wenn das Eishockey zum Abenteuer wird» mit dem noch interessanteren Untertitel «Zwei Wäseler in Australiens höchster Spielklasse.»
Es beginnt mit St. Moritz
Im Frühling 1979 schlendert Schöni auf seiner Australien-Reise in Perth an einem alten Theatergebäude vorbei, dem Blondschopf sticht das Schild mit der Aufschrift «St. Moritz-House» ins Auge. St. Moritz in Perth? Beim betreten des Theaters traut Schöni, zusammen mit seinem Landsmann Daniel Hirschi unterwegs, seinen Augen nicht, da wird Eishockey gespielt. So lassen die beiden Emmentaler ihre Eishockeytaschen per Seefracht nachsenden.
In Perth gibts zu dieser Zeit nur eine Inhouse-Liga wo jeweils am Sonntag Abend geknebelt wird, die Eisbahn ist so klein, dass jeweils nur drei Feldspieler agieren. National wird in Australien nur einmal im Jahr gespielt, beim Goodall-Cup und dieser findet 1979 in Melbourne Statt. Die beiden Wäseler tingeln aber vorher mit einem Holden-Stationswagen für 400 Dollar, 4’000 Kilometer quer durch die endlose Trockenebene von Westen nach Osten. In Brisbane spielen die beiden wieder in der In-House-Liga und werden für die Staatsmeisterschaft ins Team von Queensland nominiert.
Ich muss die Abenteurer kennenlernen
Die Zeilen des Autors lesen sich wie ein Roman über die Abenteurer des Zeitalters der grossen Entdeckungen zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert. In diese Zeit fällt auch die Entdeckung Australiens und dies haben die beiden Wäseler in Sachen Hockey getan. Wo die beiden heute wohl sind? Unbedingt muss ich die Hockey-Abenteurer kennenlernen. Über den Autor von damals werde ich näheres erfahren können, dieser ist kein geringerer als Klaus Zaugg: «Schöni ist jeweils in Langnau im Stadion», erfahre ich vom ehemaligen Klub-Chronisten des EHC Wasen-Sumiswald. Wasen? Dieses Team hielt sich von 1973 bis 1979 in der 1. Liga. Schöni war von 1973 bis zum Abstieg als Spieler mit dabei, ehe er in der 2. Liga das Traineramt von René Wittwer übernommen hat.
Zaugg als erfürchtiger Vermittler zwischen Schöni und mir bei der Buchübergabe. (Rolf Schlapbach)
Bei einem Nachtessen erinnert sich Schöni nochmals an seine abenteuerliche Reise im Down-Under-Hockey, im Gegenzug schreibt der Hockey-Pionier das Vorwort im australischen Eishockey-Almanach 2016. Die Buchübergabe findet, präsentiert durch unseren Vermittlungsmann Zaugg, in der Ilfishalle statt. Vier Jahre später stosse ich auf der sagenhaften Internetseite «Legends-of-Australian-Ice» auf ein Foto von Queensland. Das Trikot ist mir bekannt, es ist das gleiche Jersey wie einst Abenteurer Schöni getragen hat und es kommt noch besser, da ist Schöni.
Was die australischen Chronisten, die eine hervorragende Homepage unterhalten, nicht mehr identifizieren können, ist die genaue Jahrzahl (1981 oder 1982?) und den flotte Sunnyboy vorne rechts. Unmöglich können sich Linda Bishop und Peter Nixon an den Emmentaler erinnern, ehe ich Ihnen den Namen und die genaue Jahrzahl inklusive Resultate zustecke. So abenteuerlich die Reise 1979 mit dem St. Moritz Eisrink seinen Anfang nahm, so abenteuerlich endet die Geschichte durch eine Verkettung von Zufällen wieder im Land, der einst in Anlehnung an Eis und Berge ernannten Eisbahn an der australischen Westküste.
Die unbekannte Nummer 5 (eigentlich 6) ist Gerhard Schöni. (Legends of Australian Ice)
Es ist wie im Film «Und täglich grüsst das Murmeltier», wo der TV-Wetteransager Phil Connors, gefangen in einer Zeitschleife, immer wieder den gleichen Murmeltiertag erlebt. Statt in einer Zeitschleife sitze ich in einer Pandemie-Schleife und komme zwar nicht täglich, aber seit Oktober einmal monatlich zum Tigertag in Langnau. Statt nach Genf, Lausanne oder Biel verschlägt es mich Pandemie-Bedingt immer wieder ins Emmental.
Ausser Lugano habe ich seit dem Saisonstart kein anderes NL(A)-Stadion gesehen. Immer ist es die Ilfishalle und wie in «Und täglich grüsst das Murmeltier», begegnen mir auch immer die gleichen Leute. Im Presseraum gegrüsst jeweils Tiger-Pressechef Rolf Schlapbach und Speakerin Christine Nyfeler tippt die Aufstellungen ein. Neben meinem Kommentatoren-Platz sitzt Alfred Bohren, Aufnahmeleiter Marin Keller speist mich mit Informationen vom Spielfeldrand und «Eismeister» Zaugg begrüsst zum Pausen-Kaffee mit einer knackigen Bemerkung im Presseraum.
Der Tiger verliert immer
Und das Murmeltier in Form des Tigers? Auch der Spielausgang bleibt immer gleich, der Murmel-Tiger verliert jedesmal, allerdings nicht immer gegen den gleichen Gegner. Im Oktober gegen Rapperswil-Jona, im November gegen Lugano, im Dezember gegen Freiburg-Gottéron und im Januar gegen Biel. Die einzige Konstante ist der Tiger, welcher monatlich in der Ilfishalle grüsst. Wenn ich nicht aus der Pandemie-Schleife komme bleiben mir bis zum Saisonende im April noch drei weitere Spiele in Langnau.
Neue Personen
Connors, der TV-Wetteransager aus dem «Murmeltier-Film», kann der Zeitschleife nur durch gewisse Taten entkommen. Ob auch ich in Langnau eine Mission zu erfüllen habe? Mit dem Dutzend von anwesenden Leuten habe ich mich in den letzten Monaten ausgetauscht, allerdings sind beim Tigertag im Januar neue Personen aufgetaucht. Die Biel-Fraktion um Geschäftsführer Daniel Villard, Sportchef Martin Steinegger oder Goalietrainer Marco Streit zählt nicht dazu, diese wechseln jeweils mit dem Gegner. Aber was ist mit den neuen Figuren Jakob Kölliker oder Jaroslav Tuma? Tuma ist der Agent von Biel-Neuzuzug Perttu Lindgren und ist durch seine Sparta-Prag-Mütze trotz Maske zu erkennen.
Oder schliesst sich nach dem Interview der Kreis? Mit Samuel Kreis unterhalte ich mich vor dem Interview über fernöstliche Köstlichkeiten des wohl besten asiatischen Restaurant der Hauptstadt am Hirschengraben 11. Der Rückkehrer trifft nach einer einmonatigen Verletzungspause bereits nach elf Sekunden. Arirang-Curry oder Schweinefleisch Bul-Go-Gi? «Nein ich nehme immer Nudeln mit Poulet», sagt mein fast Namensvetter, der kürzlich mit seinem ex-Teamkollegen Jan Neuenschwander am Tisch neben mir sass. Ob der Tiger auch im nächsten Monat grüsst oder ob sich der «Kreis» durch seine Aussage «ich weiss wo es hingeht» nun geschlossen hat?
Julien Sprunger hat Geschichte geschrieben. (Krein)
Julien Sprunger kann heute Geschichte schreiben, nur noch ein Skorerpunkt fehlt dem 34-jährigen um den Klubrekord von Wjatscheslaw Bykow zu egalisieren. 651 Skorerpunkte hat Bykow zwischen 1990 und 1998 für die Freiburger realisiert. Ein 22-jähriger Rekord kann also heute gebrochen werden, dies im beschaulichen Emmental. Immer wieder Langnau und immer wieder anders als geplant heissen die Spiele in der kompliziertesten Saison aller Zeiten.
Eigentlich hätte Gottéron heute ja in Lugano gespielt und Genf-Servette wäre ins Emmental gefahren. Stattdessen kommt es zur 135. NLA-Begegnung (auch vor Einführung der Playoffs mitgezählt) zwischen Emmentalern und Üechtländern und die Chance einen sporthistorischen Moment zu erleben. Solche Momente liegen manchmal in der Luft, kommt dazu, dass ich in den letzten 18 Jahren einige hockeyhistorische Schlüsselmomente miterleben durfte.
„Michu mich erwärmt dieses Spiel nicht““
— Alfred Bohren
Doch die Partie entpuppt sich im zweiten Drittel als zähe und lustlose Angelegenheit, kaum eine nennenswerte Szene erwärmt die wenigen Gemüter. Neben mir sitzt, wie in Langnau üblich, Hockey-Koryphäe Alfred Bohren und sagt „Michu mich erwärmt dieses Spiel nicht“, die Spielzüge passen zur bitterkalten Ilfishalle. In der Pause wird die Angelegenheit immerhin durch ein angeregtes Gespräch zwischen Bohren und dem ersten Schweizer Stanley-Cup-Sieger kurzzeitig aufgeheizt.
Erst in der Schlussphase
Auch der Hauptprotagonist bleibt bis zur 48. Minute blass. Dann punktet Sprunger mit der Vorlage zum 4:0 durch Daniel Brodin und die Partie beginnt zumindest sporthistorisch an Bedeutung. In den letzten zwölf Minuten gehts nur noch um Sprungers Rekord oder den ersten Shutout von Goalie-Neuling Connor Hughes (sprich „Juus“). Der Freiburger Captain hat in 17 Spielen vier Punkte erzielt und heute soll er zweimal punkten?
Und er tut es, in der 58. Minute realisiert Sprunger seinen 652. Skorerpunkt und überholt den Ausnahmekönner aus der ehemaligen Sowjetunion. Und dieser gehört zu den ersten Gratulanten per Whatsapp, wie Sprunger im Interview erzählt. Die kalte Ilfis-Nacht gerät ins vergessen und das sporthistorische Ereignis lässt den 15. Dezember 2020 in die Geschichtsbücher eingehen. Und Hughes? Feiert ganz nebenbei noch seinen ersten Sieg und Shutout in der National-League und wer weiss, vielleicht gewinnt auch dieses Ereignis erst in 22 Jahren an Bedeutung?
Match in Langnau, einen Tag vorher wird bekannt gegeben, dass statt Lausanne Lugano im Emmental gastiert. Durch die Quarantäne der Waadtländer wird das Spiel der 16. Runde, vom 24. November auf den Freitag, den 13. vor-verschoben. Ich selber hätte eigentlich den Lugano-Match am 24. November kommentieren sollen, durch eine Absage eines Kommentators, dessen Name mir soeben entfallen ist, bin ich zum Handkuss „Langnau – Lausanne“ gekommen, oder eben wieder zu meinem eigenen Spiel.
Lugano statt Olten
Anders als geplant verläuft dieser Tag auch für Olten-Hüter Simon Rytz. Nach dem Morgen-Training in Olten, wird der Keeper kurzfristig für Lugano abkommandiert. Dies weil Ersatzgoalie Sandro Zurkirchen verletzungsbedingt fehlt und Juniorengoalie Davide Fadani mit Biasca in der Quarantäne sitzt. So tritt Rytz statt den Heimweg, den Weg nach Lugano (am Samstag im Tessinerderby) via Langnau an, der Seeländer ist im Laufe seiner 21-jährigen Nationalliga-Karriere schon mehrfach kurzfristig eingesprungen.
„Bereits als 14-Jähriger ein Training beim Drittligisten SC Scheuren“
— über Simon Rytz
Wie einst heute?
Die Flexibilität welche Rytz seit jeher an den Tag legt, ist in der verfluchten Corona-Saison zur wichtigsten Eigenschaft geworden. Alles ist anders, so gibt es in Langnau erstmals, seit das Fernsehen über die Spiele der Langnauer berichtet, keinen Parkplatz-Einweiser. Langnau-Legende Michael Horisberger brätelt keine Hamburger, im sonst proppenvollen Tigersaal stehen Fitnessgeräte und im Presseraum führt Rolf Schlapbach nicht durch die Konferenz.
Aber auch früher gabs für die Schüler eine Zeit, wo man die Spiele der Langnauer nicht besuchen durfte, erzählt Langnau-Kultfigur Alfred Bohren: „Die Lehrer haben dies verboten, erst ab 15 durfte man an den Match“, so auch der spätere Schweizermeister von 1976, welcher das erste Spiel zwischen Langnau und Lugano, am 6. November 1971 vermutlich deswegen verpasst hat. Ob man sich in 49 Jahren auch nur noch vage an das Zuschauerverbot im Jahr 2020 erinnern kann? Und wer sich nicht mehr die Kurzeinsätze von Rytz erinnern kann…
Datum
Vertrag
in Ausleihe
Gegner
Minuten
26.2.2005
ChdF
Genf
a-Zug 2:3
0
3.3.2005
ChdF
Genf
a-Zug 1:3
0
1.3.2011
Ajoie
Biel
a-Ambri 1:2
0
3.3.2011
Ajoie
Biel
Ambri 2:1
0
23.10.2012
Gottéron
Zug
a-ZSC Lions 2:3nP
65:00
27.10.2012
Gottéron
Zug
a-Kloten 5:0
60:00
30.10.2012
Gottéron
Zug
Biel 7:4
60:00
2.11.2012
Gottéron
Zug
a-Bern 1:5
60:00
6.1.2013
Gottéron
Martigny
a-Thurgau 3:2
60:00
10.1.2013
Gottéron
Martigny
Visp 4:3nP
65:00
13.1.2013
Gottéron
Martigny
a-Ajoie 2:4
60:00
20.1.2013
Gottéron
Martigny
Basel 3:4
60:00
8.10.2013
Biel
Genf
a-Lausanne 1:2
60:00
17.11.2017
Olten
Biel
a-Davos 2:3
59:24
13.11.2020
Olten
Lugano
a-SCL Tigers 4:2
0
14.11.2020
Olten
Lugano
Ambri 4:2
0
a = Auswärts. – nur Kurzeinsätze mit weniger als 5 Spielen sind aufgeführt.
SCL Tigers – Lugano 2:4 (1:1, 1:1, 0:2) Ilfishalle. – 37 Zuschauer – SR Salonen/Flury, Progin/Duarte. – Tore: 3. Julian Schmutz (Flavio Schmutz) 1:0. 19. Bertaggia 1:1. 25. Morini (Ausschluss Blaser) 1:2. 28. Flavio Schmutz 2:2. 48. Arcobello 2:3. 49. Riva 2:4. – Strafen: SCL Tigers 7-mal 2 plus 10 Minuten (Earl), Lugano 6-mal 2 plus 10 Minuten (Arcobello). – Bemerkungen: SCL Tigers ohne Salzgeber (verletzt); Dostoinov, Melnalksnis, Huguenin, Stettler, Erni und Petrini (alle überzählig), Lugano ohne Lajunen, Sannitz, Zurbuchen (alle verletzt). 55. Time-out SCL Tigers, SCL Tigers von 54:56 bis 55:16 sowie ab 56:58 ohne Goalie und mit sechstem Feldspieler. Flavio Schmutz (SCL Tigers) und Riva (Lugano) als beste Spieler ausgezeichnet. SCL Tigers: Punnenovs: Brännström, Glauser; Leeger, Blaser; Schilt, Grossniklaus; Lardi, Guggenheim; Weibel, Maxwell, Earl; Julian Schmutz, Flavio Schmutz, Neukom; Berger, Diem, Sturny; Kuonen, In-Albon, Andersons. Lugano: Schlegel (Rytz); Riva, Heed; Wellinger, Loeffel; Chiesa, Nodari; Wolf; Fazzini, Arcobello, Bodker; Carr, Kurashev, Bürgler; Suri, Herburger, Lammer; Bertaggia, Morini, Walker; Traber.
Stellen sie sich vor, sie sind in Quarantäne, kommentieren aber live aus Langnau? Doch der Reihe nach. Das Eishockey-Lexikon von Horst Eckert ist bis heute immer noch das grösste physische Eishockey-Nachschlagewerk des deutschsprachigen Raumes. Über die Faszination dieses Werkes könnte ich einen eigenen Blog schreiben. Inhalt dieser Faszination ist auch der Buchstabe «Q», welcher alle Begriffe wie etwa Quebec Nordiques, Qualifikation oder Querlatte beinhaltet. Einem Begriff habe ich bisher nie besondere Beachtung im Zusammenhang mit dem Eishockeysport gegeben: «Quarantäne (franz.) – Absonderung», steht auf der Seite 142, des 1993 im Copress-Verlag erschienenen Werkes. Was heisst denn Quarantäne im Zeitalter der jüngsten Seuche des Weltgeschehens?
Quarantäne, der Hockey-Begriff wird erst 2020 zum Mythos. (Krein)
Das Wort «Quarantäne» gelangte im 17. Jahrhundert, wie italienisch «quarantena» aus französisch «quarantaine» («vierzig») ins Deutsche. So gab es bereits 1374 in Venedig eine Sperre für pestverdächtige Schiffe und bezeichnete diese als «quaranta giorni» (vierzig Tage). Keine vierzig Tage, aber zehn Tage dauert die Quarantäne für «Covid-19-Verdächtige», die Sperre gilt dabei nicht nur für eine Hafenstadt, sondern für das ganze Land, ja sogar für die ganze Welt. Kurz nach der Wiederaufnahme der langersehnten Eishockey-Meisterschaft, purzeln die Quarantäne-Fälle wie Dominosteine durch das Tagesgeschehen und die Teletext Seiten ab 316 färben sich rot (verschoben).
„Die Hiobsbotschaft kommt noch während des Trainings, aber drei Tage zu spät!“
— Michael Krein
Im Nachwuchsbereich wurden wir bis am 21. Oktober verschont, doch die Hiobsbotschaft kommt noch während des Trainings, kurz nach Trainingsende mit der Lysser U13 hat der ganze Trainerstaff mehrere Nachrichten und verpasste Anrufe auf dem Telefon. Bisher war beim SC Lyss nur die 1. Mannschaft betroffen, doch die Spieler des Fanionteams helfen auch beim Nachwuchs kräftig mit, neben Trainings der U13-, stehen die Cracks auch in der Hockeyschule auf dem Eis.
Einer steht ausnahmsweise auch als Assistent bei den U13-Top an der Bande. Bei uns (in meiner Hockey-Jugend) war dies einst der damals unbekannte Sean Simpson, nie werden wir dies vergessen. So auch die aktuelle U13 nicht, nie werden sie den Kanadier mit Schweizerpass vergessen, wenn er einst an der Weltmeisterschaft 2043 die Schweiz zu WM-Gold führen wird. Eine schöne Geschichte, jedoch gepaart mit Nebengeräuschen, denn der hilfsbereite Ersatzcoach erhält drei Tage später die «positive» Covid-19-Nachricht und die «Pest» kommt vom Schiff ans Land.
Reicht der Kaffee für die Quarantäne?
Das normale U13-Spiel vom Sonntag wird plötzlich zum Hitchcock-Finale. Ein offizielles Schreiben des Präsidenten liegt bereits elektronisch vor, alle Details sind zu beachten und zu prüfen. Wer sich beim U13-Spiel vom Sonntag, 18. Oktober, während 15 Minuten im Umkreis von anderthalb Metern neben dem Kanadier mit Schweizerpass befand und dabei keine Maske getragen hat, muss in Quarantäne. Die Betroffenen beginnen zu rechnen und den Tagesablauf zu rekonstruieren. In der Kabine haben die Coaches eine Maske getragen, an der Bande aber nicht, jedoch war der Abstand jeweils grösser als die anderthalb Meter. Einziger Knackpunkt: Vor dem Spiel haben die drei Coaches an der Buvette einen Kaffee zusammen getrunken, dieser Moment entpuppt sich als Schlüsselereignis für die Pest-Frage.
Ruhe und Distanz auf der Lysser Bank, drei Tage vor dem Sturm. (Iwan Fink)
Um auf Nummer sicher zu gehen, entscheiden alle Protagonisten in Rücksprache mit ihren Arbeitgebern und dem Präsidenten sich in die zehntägige Quarantäne zu begeben. Es ist wie in einer Overtime, der Puck fällt zugunsten der Sicherheit, der Glaubwürdigkeit und dem gesunden Menschenverstand auf die Seite der Quarantäne. Was ist mit den Kindern? War keiner der Spieler länger als 15 Minuten neben dem sich bereits in Isolation befindenden Trainer? Was ist mit den drei Spielern, welche das Türchen neben dem pestverseuchten Trainer gemacht haben?
Wie einst in Venedig, sitzt der Pestkranke mit den Pestverdächtigen auf dem Schiff, jedoch haben sich alle «Verseuchten» bereits drei Tage frei im «Hafen von Venedig» bewegt. Das ist die Lücke der Quarantäne, du sitzt bereits drin, bevor du es weisst. Und was, wenn der Kaffee-Entscheid zu Ungunsten der Quarantäne ausgefallen wäre? Dann wäre nur der Pestkranke auf dem Schiff hängen geblieben. Und was ist mit all denen welche den Kaffee-Entscheid ganz für sich alleine hätten fällen können, wären sie freiwillig auf dem Pestschiff geblieben?
Ein «Einzeiler» wird zum Mythos
So unbedeutend die «Lexikon-Quarantäne» über Jahrzehnte auf Seite 142 dahinvegetierte, umso wirkungsvoller ist ihre aktuelle Position im Weltgeschehen. Ihre Anwendung bleibt grösstenteils im eigenen Ermessen jedes Einzelnen. Der bisherige «Einzeiler» hat nun auch bei mir den Status des Mythos erreicht und hat seinen kleinen Platz im Eishockey-Lexikon auf ein ganzes Kapitel erweitert.
Mythos Langnau Corona-Konform, die Interviews (Flurin Randegger) werden mit dem nötigen Abstand und allen Hygiene-Vorschriften jeweils sauber durchgeführt.(Krein)
Alle beteiligten Personen haben die Quarantäne ohne Symptome nach zehn Tagen wieder verlassen.
Am 29. Februar dieses Jahres fand die letzte Runde statt (ich war in Langnau), sieben Monate später endet die längste Pause der obersten Spielklasse seit der Eishockey-Neuzeit (nach dem 2. Weltkrieg). Am 1. Oktober, empfängt der HC Lugano zum Saisonauftakt die ZSC Lions. Viele Leute tummeln sich vor Spielbeginn vor der ehemaligen Resega, fast zeitgleich mit der Türöffnung um 18 Uhr 30, kommen die «Jüngsten» aus den Kabinen der Trainingshalle. Ein Lugano-Angestellter verteilt Gratis-Schals, mit dem Lugano-Slogan «Non molare mai» (Gib nie auf) an alle Zuschauer.
Die HCL-Fanschals werden vor der Cornèr-Arena an die Zuschauer abgegeben. (Krein)
Nie aufgegeben haben auch der Verband, die Klubs und die Liga. Die Hallen sind auf Covid-19-Kapazitäten umgerüstet worden, so fasst die Cornèr-Arena in Lugano nicht mehr 7’200 Plätze, sondern 3’500 Corona-konforme-Plätze. Die Curva-Nord glänzt erstmals mit schwarzen Schalensitzen (siehe Titel-Foto). Vorher gehts aber durch eine professionelle und saubere Eintrittsprozedur. Sämtliche Journalisten müssen sich mindestens 24 Stunden vor Spielbeginn auf der Homepage Luganos registrieren und werden in eine «Media HCL-WhatsApp-Gruppe» von 28 Teilnehmern aufgenommen.
Sauberer Ablauf
Vor der Türöffnung werden alle Medienleute mit einem Ticket und einem gelben Armband, welches Zutritt zur Interview-Zone gewährt, ausgestattet. Dann gehts los, pünktlich zur Türöffnung, folgt eine zweite Registrierung mittels einem QR-Code, welcher beim Haupteingang zu scannen ist. Mit diesem Code gehts zur zweiten Online-Registrierung, welche durch einen Zahlencode per SMS zugestellt wird. Für ältere Personen und technische Banausen wie mich, stehen Helferinnen und Helfer im Einsatz.
Lugano-COO Jean-Jacques Aeschlimann empfängt die ersten Journalisten beim Haupteingang. (Krein)
Die Eingangskontrolle wird durch den Manager des operativen Geschäfts oder den COO Jean-Jacques Aeschlimann, welcher Verbindungen bis in unser kleines Dorf hat, unterstützt. Abstände und Laufwege in die Cor(o)nèr-Arena sind gekennzeichnet und sauber abgesperrt. Es geht auf dem direkten Weg in die obere Etage der «Resega.» Das Betreten der Halle ist bereits eine Genugtuung, endlich wieder Eishockey, endlich wieder eine Arena, endlich wieder ein Ernstkampf und endlich wieder ein Einsatz für das gesamte Schweizer Eishockey.
„Ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein grosser Schritt für das Eishockey.“
— Krein
Corona-Konform verpackt sind auch Kopfhörer und Mikrofon. (Krein)«Media-Away-Team» statt «Media-All-Star-Team», Luganos Zugang zu den Interviews. (Krein)
«Ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein grosser Schritt für das Eishockey», könnte ich passender nicht ausdrücken und dennoch ist es ein bisschen so, wie wenn es nie eine Pause gegeben hätte. Den Spielern wird bereits beim Einlauf auf das Eis für das Warm-up applaudiert, denn alle sitzen im gleichen Boot, ob Zuschauer, Funktionäre, Schiedsrichter, Spieler oder Journalisten. Nur noch wenige Minuten bis zum Start, die Nervosität steigt nicht nur bei mir sondern auch bei den Akteuren auf dem Eis, das «top» von Regisseur Louis Trautmann kommt pünktlich um 19 Uhr 40, dann gehts los, für das Lugano-Spiel bedeutet dies «MySports-Kanal 5» und das Kapitel der «Corona-Pause» ist Geschichte.
Boedker und der Pizza-Baecker
Die beiden Hauptattraktionen Mikkel Boedker und Sven Andrighetto schreiben ebenfalls Geschichte, die ehemaligen NHL-Cracks bestreiten ihre erste Partie in der National-League, dies gilt auch für Daniel Carr, Tim Heed und Philipp Kurashev. Der 11-fache Nashville-Spieler Carr erzielt seine Tore 1 und 2 in unserer Liga, Boedker und Kurashev geben ihre ersten Vorlagen und Niklas Schlegel kommt zum ersten Saison-Shutout. Nur die Gäste bleiben blass. Nach dem Interview mit Matchwinner Schlegel, gehts zu den Schiedsrichtern, Linesman Thomas Wolf ist ebenfalls ein Seeländer, ich habs so kommentiert, der Lengnauer kommt beim «Swiss-Hockey-Day» immer nach Lyss. Wie in Lugano üblich, gibts für die Referees nach Spielschluss immer eine Pizza aus der hauseigenen Pizzeria im «Ristorante Club 41», etwas was auch ich mir beim speziellsten Saisonauftakt aller Zeiten nicht entgehen lasse.
Die Pizza Prosciutto im «Ristorante Club 41» in Lugano, schmeckt zum Saisonauftakt so gut wie Luganos Spiel. (Krein)
Ein normaler Mittwoch in Arosa, in Lindemann’s Overtime Bar kümmert sich der Herr des Hauses liebevoll um seine Gäste. Im Buch «Arosa in 100 Geschichten», widmet Autor und Herausgeber Peter Röthlisberger, Guido Lindemann vier Seiten und bezeichnet ihn als «der letzte König.» Bei diesem letzten König habe ich eine Audienz, Guido setzt sich mit einem Espresso zu mir an den Tisch und erzählt von seinem Unfall, von den Enkelkindern im fernen Leksand und von der Verletzung seines Sohnes Kim, welcher vermutlich die ganze Saison mit dem EHC Arosa verpassen wird.
Guido Lindemann, vor seinen legendären Trikots in seiner Overtime Bar. (Krein)
Selbst während des Gesprächs entgeht Lindemann nichts, er begrüsst und verabschiedet kommende und gehende Gäste und hat jeden Winkel seiner Bar, welche gleichzeitig ein Lindemann-Museum ist, im Auge. «Tschau Guido», begrüsst Lindemann den neusten Gast, «er war unser Meistergoalie», erklärt Lindemann. Guido Brun? Habe ich im Hinterkopf, während der andere Guido, zwei Gäste aus Langnau verabschiedet, dazu gibts noch eine Langnauer Anekdote, welche Brun für Lindemann ergänzt.
Ich werde hellhörig und eine spannende Runde scheint sich anzubahnen. Durch meine Herkunft landen wir in Lyss und Brun erzählt vom Meistertitel 1980 in Biel, «die Nacht vor dem Meistertitel logierten wir in Lyss und hatten noch ein Training», beide Meisterspieler von 1980 kommen ins Schwärmen und Anekdoten der Meisternacht von Biel fliessen nur so über den Bartisch. Am liebsten hätte ich mein iPhone gezückt und alles aufgenommen, doch das würde den magischen Moment zum kippen bringen und die Geschichten beeinflussen.
„Am liebsten hätte ich mein iPhone gezückt und alles aufgenommen.“
— Krein über den Moment mit Brun und Lindemann
Torhüter Guido Brun gab nach seinem Shutout beim Meistertitel 1980 den Rücktritt. (Krein)
Der Meistergoalie erzählt von seinem Stammclub, dem SC Luzern, Richard Bucher, seiner Zeit beim HC La Chaux-de-Fonds, von Lasse Liljas Goalietraining am Mittag und der Schussqualität von Markus und Guido Lindemann. Brun selber wechselte in meinem Geburtsjahr vom Spitzenclub La Chaux-de-Fonds zu Arosa. Mit den Neuenburgern wurde er zweimal Vizemeister, doch 1980 musste endlich der Titel her. «Jetzt oder nie», wusste Brun in der Nacht vor dem Meistertitel. Die Ausgangslage war äusserst Spannend, Arosa musste in Biel gewinnen und Davos musste zuhause den SC Bern bezwingen.
Brun wie Eruzione
Arosa siegte vor 9’000 Zuschauern in Biel mit 3:0, Guido Lindemann schoss in der neunten Minute das Game-Winning-Goal, während der SC Bern in Davos mit 3:8 unterlag. Bruns Vorahnung wurde mit seinem einzigen Meistertitel belohnt und der Luzerner hat, wie Mike Eruzione nach Olympia-Gold in Lake Placid, seine Karriere mit der Goldmedaille beendet. «Doch diese Geschichten interessieren heute nur noch uns selber», sagt Brun, dennoch dürfen solche Anekdoten nicht verloren gehen, sie gehören zum Kulturgut des Eishockeysports.
Matthias Kappeler führt den EHC Arosa mit viel Herzblut ins nächste Kapitel. (Krein)
Und wie stehts heute um Arosa? Bei einem Abstecher im EHC Arosa-Fanshop an der Poststrasse gibts nicht nur Bruns und Lindemanns Geschichte in Bildern, sondern auch die aktuellsten Fakten zum Traditionsclub. Der neue Geschäftsführer, welcher auch den Fanshop führt, Matthias Kappeler, der Nachfolger von Adrian Fetscherin, erzählt von den Herausforderungen beim Nachwuchs und Spielbetrieb in der MySports-League. Die zwölf Nachwuchsspieler über die Stufen U13 bis U20 trainieren gemeinsam in Arosa, spielen aber beim EHC Lenzerheide-Valbella. Derweil klingelt das Telefon und der ehemalige Meisterkeeper Brun ist am Apparat, es geht um das Fanionteam. Auch wenn die alten Geschichten heute kaum noch interessieren, Arosas Eishockey lebt von den Legenden von gestern, dies auch an einem ganz normalen Mittwoch?
Mannschaftsfotos sind die wohl wichtigsten Zeitzeugen einer Sportequipe. Als Spieler ist es ein stolzes Gefühl, seine Mannschaft im neusten Tenü zu repräsentieren. Jeder will eine gute Falle machen, dies zieht sich von den Kleinsten bis zu den Grössten wie ein roter Faden durch die Fotoszenerie. In der Kabine werden noch Haare gekämmt und gestylt, Trikots werden zurecht gerichtet, Stulpen in die richtige Lage gezerrt und Klebebänder dezent oder versteckt angebracht. Die Sitz- und Stehordnung ist Sache des Fotografen. Schlechte Teamfotos fallen sofort ins Auge und bleiben schlecht bis in alle Ewigkeit. Zehn genaue Minuten und es lohnt sich.
Der Zeitzeuge wird zur Geschichte
Jede Mannschaft erzählt ihre Geschichte anhand ihres Fotos, taucht heute ein Teamfoto von 1986 auf, werden die verschiedenen Gesichter sofort kommentiert und der wichtige Zeitzeuge wird zur Geschichte. Hockeytechnische Pionierarbeit in Sachen Mannschaftsfotos leistete zwischen 1981 und 1993 das Jahrbuch „Eishockey“ vom Habegger-Verlag. Unvergessen sind auch die Edelausgaben von „Champions“ von Bernard Thurnheer im Weltrundschau-Verlag, dort wurden jeweils bis in die unterste Liga Equipen aus sämtlichen Mannschaftssportarten publiziert. Zeitzeugen die heute auf der Klub-Homepage im Jahrestakt wieder verschwinden und vielleicht nur durch ein Klub-Bulletin in ein paar Jahren zur interessanten Gesprächsrunde auftauchen.
Fotograf Tobias Gerber agiert nicht nur vorbildlich mit der Gesichtsmaske, sondern auch beim richten der Spieler. (Krein)
Das ordnen und einreihen lohnt sich, Spieler werden wegen ihrer Grösse getauscht, Spieler mit neongrünen Schnürsenkel werden nach hinten in den „Senkel“ gestellt. Da sitzen noch drei mit „roten“ statt „blauen“ Handschuhen, ab nach hinten, wer die passenden Stulpen nicht trägt geht ebenfalls nach hinten. Für die einen ist dies reines Theater, für die anderen ist es Feinarbeit und der Drang nach Perfektion. Die Schweden sind darin führend, ihre „Lag-Bilder“ gehören seit den 80er Jahren zur fototechnischen Weltspitze und dies über sämtliche Stufen. Zurück zur zehnminütigen Hektik. Die Handschuhe gehören auf die Knie, die Schlittschuhrichtung in die Achse der Fotokamera, der Fotograf bittet nun alle ihren Blick direkt ins Auge der Kamera zu richten. Jetzt ist der entscheidende Moment, wer jetzt patzt, patzt für die Foto-Herrlichkeit in Ewigkeit.
Kaum jemand kommt in der Promenade von Gstaad auf den Gedanken, dass im Saanenland einst Spitzeneishockey zelebriert worden ist. Nicht zu übersehen ist die alte Holztribüne, welche durch die Gstaad-Swiss-Open oder den Beach-Volleyball-Major-Series bis heute im Rampenlicht des Spitzensports steht. Im Winter steht dort die Eisbahn des HC Gstaad-Saanenland, einem 4. Liga-Klub. Doch auch im Eishockey gibt es in der Luxus-Metropole einst Spitzensport, zu den Zeiten des HC Rosey Gstaad. Das Internat «le Rosey» aus Rolle, am Genfersee, geniesst während seiner Blütezeit Gastrecht in Gstaad.
Drei Meistertitel
Die «welschen» Saanenländer holen zwischen 1921 und 1925 drei Schweizermeistertitel und spielen bis 1933 in der Serie-A, der obersten Spielklasse der Schweiz und parallel in der internationalen Schweizermeisterschaft mit. Das Spitzenteam spielt in den Anfängen auch auf der Eisbahn des berühmten Palace-Hotels, auf dem Oberbort, der besten Lage in Gstaad. Spitzeneishockey unter freiem Himmel im «Hotel-Garten» des Palace, welches im Dezember 1913 eröffnet wird.
Zahlreiche Finalspiele um die Schweizermeisterschaft finden in Gstaad statt, am 6. Februar 1921, holt Rosey den einzigen Titel vor heimischer Kulisse mit einem 12:6-Sieg gegen die Akademiker Zürich. Am 2. Januar 1927, verliert Rosey das Finalspiel in Gstaad gegen den späteren Rekordmeister HC Davos mit 1:7. Ein Jahr später, am 4. Februar 1928, revanchiert sich Rosey in der internationalen Meisterschaft mit einem 4:3-Heimsieg gegen Davos.
Eishockey auf dem Eis des Hotel Palace in den 20er Jahren. (Hotel Palace)
Das Hotel Palace beeindruckt auch noch 100 Jahre später. (Krein)
Vom früheren Glanz des Gstaader Eishockeys ist nur noch das Hotel Palace geblieben, ansonsten gibts kaum noch Zeitzeugen der goldenen Eis-Epoche. Einzig in einem Schaufenster eines Kleidergeschäfts lässt einem ein schwarz-weiss Abzug der «blau-weissen» kurzzeitig in die Belle-Époque der Puckjäger des berühmten Internats abschweifen.
Bilddokument des HC Rosey Gstaad, in der Promenade 2020. (Krein)
Gstaader Zukunft
Zum letzten Mal im Eishockey-Rampenlicht steht Gstaad am 7. Februar 2009, anlässlich des Open-Air Länderspiels zwischen der Schweiz und der Slowakei (4:3nP). Organisator des Freilicht-Spektakels ist Ruedi Kunz, aktueller Präsident des HC Gstaad-Saanenland und Turnierdirektor des Beachvolley Swatch-Major-Gstaad. Der Sohn des ehemaligen Aktivspielers und Swiss-Ice-Hockey-Funktionärs ist ebenfalls auf dem Weg ins Rampenlicht. Tim Kunz hat bis zur U17 sämtliche Juniorenstufen bei Gstaad-Saanenland durchlaufen und spielt bei den U20-Elit-Junioren des EHC Biel-Spirit. Die Geschichte des HC Rosey ist zwar vorbei, doch die Geschichte des Gstaader Eishockeys floriert, wie das Palace, auch noch 100 Jahre nach der Blütezeit.
Tribüne für Tennis, Beachvolleyball und Eishockey. (Krein)
Eine der längsten Epochen eines Klub-Betreuers geht im Sommer 2020 zu Ende. Nach 45 Jahren legt Rudolf Krähenbühl sein letztes Amt als Schlittschuhschleifer beim SC Lyss nieder, aus gesundheitlichen Gründen, wie der Rentner betont. Damit endet eine Ära wie sie in der Schweiz wohl nur noch mit dem Davoser Paul Berri (seit 1966 im Amt) oder dem Zürcher Peter Schrag (seit 1971 im Amt) zu vergleichen ist.
Krähenbühls erste Aufgabe ist der Spieltisch, welchen er zwischen 1975 und 1977 betreut. Zwischen 1977 und 1993 betreut «Ruedi», der zwischenzeitlich auch das Tor der zweiten Mannschaft hütet, das Lysser Fanionteam. Als Torhüter stehen auch seine beiden Söhne Daniel und Roger auf dem Eis, letzterer bis 1989 auch im Fanionteam. In Ruedis Epoche schaffen die Lysser zweimal den Aufstieg in die NLB, müssen aber auch zweimal wieder absteigen und stehen 1993 kurz vor dem finanziellen Kollaps.
Geben sie diesem Mann 3’000 Franken
Siegfried Meyer
Während der kräfteraubenden NLB-Zeit will Ruedi in einem schlechten Moment das Handtuch werfen, ehe der Deutsche Präsident Siegfried Meyer den Kassier bittet, dem Herrn Krähenbühl 3’000 Franken bar auf die Hand zu legen. Das ist nur eine von vielen Anekdoten die Ruedi zu erzählen weiss. Unvergesslich bleibt auch das Lysser Trainingslager im Herbst 1990 im kanadischen Toronto, wo auch der spätere WM-Silbercoach Sean Simpson mit dabei ist.
Nach dem 1. Liga-Abstieg 1993, konzentriert sich Krähenbühl auf seinen Schleif-Service für den ganzen Klub und die umliegenden Gastvereine. In seinem Schleifcontainer am Lysser Sägeweg, ist der gesprächige Schleif-Fachmann anfangs jeweils Samstags, und später jeweils täglich anzutreffen. An seinen ersten Kunden 1980 kann sich Ruedi nicht mehr erinnern, allerdings an die Kanadier der NLB-Zeit oder an den türkischen Meistergoalie Orhan Yildirir, welcher sich vor seiner Abreise zum Istanbul Paten Kulübü den letzten Schliff für die Türkische Liga bei Ruedi holt.
40 Jahre Schleiferfahrung
In der 56-jährigen Lysser Klubgeschichte schleift Ruedi 40 Jahre lang die Schlittschuhe und es gibt Spieler, heute längst bei den Senioren, die ihm bis im Frühling dieses Jahres ihre Schlittschuhe anvertrauen. Eine fiktive Filmfigur würde sagen: «Er weiss alles was man übers Schleifgeschäft wissen muss» und dieses Know-How bleibt nun in hunderttausenden von Schlittschuhkufen für immer verborgen und sein Container (Foto) für immer geschlossen, «Ruedi» aber wird auch künftig noch in der Seelandhalle anzutreffen sein.
Schlittschuh-Fachmann Ruedi Krähenbühl bei seiner Lieblingsbeschäftigung 2019. (Krein)
Das zweisprachige MySports-Duo Krein/Beuchat beim Geisterspiel in Biel. (Hervé Chavaillaz)
Noch am Spieltag kommt die Hiobsbotschaft in einer Livesendung von Bundestrat Alain Berset, heute Abend wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit gespielt. Also steht zum ersten Mal seit meiner Einführung ins Hockey-Leben ein Spiel ohne Zuschauer auf dem Programm. Einst hab ich fasziniert vom berühmten Geister-Final in der italienischen Serie-A zwischen dem HC Mailand und den Devils Mailand gelesen, unvorstellbar musste dies damals gewesen sein, in einem Final der sonst vor 10’000 Zuschauern im Forum ausgetragen worden war.
Heute trete ich selber an Ort und Stelle und es ist als ob all die Science-Fiction-Filme vor der Stadiontüre ihr Unwesen treiben würden. Schon der Gang zur Tissot-Arena ist unreal wie in einem schlechten Film. Wie Will Smith in „I’m Legend“ spaziere ich vom leeren Parkplatz Richtung Arena, die Sonne steht kurz vor dem Untergang und demnächst werden nach der Unterführung ein paar Zombies um die Ecke kommen. Besser läufts auch drinnen nicht, denn die Türen innerhalb der Arena sind überall abgeriegelt und eine Handvoll Journalisten steckt zwischen Lift und Presseplätzen in der Pufferzone fest.
Bieler und Zürcher laufen ein und für einmal hat sogar das U13-Spiel mehr Zuschauer. Die Atmosphäre ist gespenstisch und unfassbar. Auch einen Tag später in Langnau spukt es im Emmental beim Derby gegen Biel. Jeder Fotograf, Eismeister oder Betreuer, wie im Falle des Bielers Hugo Aegerter, kann namentlich erwähnt werden. Die beiden Endrunden entpuppen sich als vorzeitiges Saisonende und so wird zum zweiten Mal seit Gründung der Nationalliga (1937) kein Meister gekührt. Letztmals gabt dies 1940, aufgrund der Mobilmachung im zweiten Weltkrieg.
Gespenstisches Ambiente unterhalb der Medientribüne. (Hervé Chavaillaz)
Am 19. November 1939 sassen die Delegierten des Schweizerischen Eishockeyverbandes (SEHV) in Zürich an der Generalversammlung. Unter der Leitung von Militär-Hauptmann Hediger wurde die Schweizermeisterschaft abgesagt. Dies weil viele Spieler im Aktivdienst tätig sein mussten. Neben zwei Länderspielen gegen Schweden und Italien gabs nur regionale Meisterschaften und ein Ersatzturnier für den Spenglercup. Der HC Davos siegte am Ersatzturnier, vor dem Zürcher SC, dem EHC Basel und dem Kombinationsteam EHC Arosa/SC Bern. In der Westschweiz wurde am 11. Februar 1940 ebenfalls ein Turnier ausgetragen, der HC Lausanne gewann den Final gegen den HC Champéry mit 5:2.
„Davos, Bern, Lausanne und Zürich sind schon zum zweiten Mal betroffen.“
— Michael Krein
Wie damals stehen auch heute Zürich, als Qualifikationssieger und heimlicher «Geister-Meister», sowie Davos an der nationalen Spitze. Aus der letzten Epoche spielen heute nur noch Lausanne und der SC Bern im Oberhaus, diese vier Klubs sind zum zweiten mal von einem Abbruch betroffen. Unter Ausschluss von Zuschauern spielte letztmals der HC Lugano, am 7. September 2001 mussten die Tessiner, aufgrund der Ausschreitungen vom Playoff-Final gegen die ZSC Lions, zum Saisonauftakt gegen den SC Rapperswil-Jona ohne Zuschauer antreten.
Ein Biel-Akteur hat einen Zusammenhang und wird deshalb zum Interview gebeten, Jason Fuchs‘ Vater Régis war beim letzten Geisterspiel auf Schweizer Eis in Lugano dabei. Jason kennt sogar die Geschichte seines Vaters, wie er im Interview zur speziellen Atmosphäre in Biel erzählt. Und passend zur Situation gibts am Ende der Meisterschaft unter den letzten „überlebenden“ in der Amag-Lounge ein Bier der Marke Corona.
Wie der Vater, so auch Sohn Jason Fuchs (im Interview), beide spielten schon vor leeren Rängen. (Hervé Chavaillaz)