…ein kühles blondes Bier, 1837 im Wiener Vorort Ottakring erstmals gebraut. Die Geschichte der Brauerei ist weitaus turbulenter und komplexer als die kleine Epoche, wo Ottakringer als Namensgeber des österreichischen Spitzenclubs EC Graz in den 90er Jahren seinen Bekanntheitsgrad und Bier-Ausschank steigern konnte.
Im Vorfeld der Saison 1993-94 war der EC Ottakringer Graz der meistgenannte Favorit für den österreichischen Meistertitel. Der Vizemeister hat stark aufgerüstet, mit Kent Nilsson und Jan Viktorsson wurden zwei Weltklassespieler verpflichtet, dazu kamen die Nationalspieler Thomas Cijan, Marty Dallman, Peter Haberl und Brian Stankiewicz, sowie der Kanadier Normand Krumpschmid, der später Österreicher wurde.
Nach zwei Vize-Meisterschaften sollte endlich der Titel in die Steiermark geholt werden, die finanziellen Mittel dazu hatte Präsident und Visionär Hannes Kartnig zur Verfügung gestellt. Kartnig, zu diesem Zeitpunkt auch noch Präsident des Fussballclubs SK Sturm Graz und Vermarkter des Tennis Davis-Cups, sprach sogar davon Wayne Gretzky nach Graz holen. Die «Elefanten» aus Graz überzeugen bereits in der Alpenliga und erreichten als einziger Vertreter Österreichs das Finalturnier der besten Vier und scheiterten äusserst unglücklich, standen im Halbfinal 12 Sekunden vor Schluss noch im Endspiel, ehe Bozen den Ausgleich- und in der Overtime Siegtreffer erzielen-, sowie einen Tag später den Alpenliga-Titel feiern konnte.
Haushoher Favorit
Bester Klub Österreichs sind die Grazer auch in der Bundesliga und gewinnen die Qualifikation mit fünf Punkten Vorsprung auf dem amtierenden meister Villacher SV. Wer Meister werden will, muss an diesen Grazern vorbei. Der EC «Ottakringer» gewinnt seine ersten zwei Playoff-Spiele gegen die Klagenfurter AC noch ohne Problem, dann aber beginnen die Elefanten zu patzen und sichern sich die Final-Qualifikation erst im letzten und entscheidenden Spiel gegen die Qualifikationsvierten in der Overtime.
Genau diese Schwächephase des haushohen Favoriten nutzen im Final die Underdogs der VEU Feldkirch, welche im Halbfinal Meister Villach eliminieren. Trainer der Vorarlberger ist der bis dahin unbekannte Ralph Krueger und Trainer bei Graz ist Mike McNamara, zu diesem Zeitpunkt schweizweit bekannt, der im November 1993 den entlassenen Schweden Claes-Göran Wallin ersetzt hatte. In Vorarlbergs Medien hiess es «Herz und Kampfkraft gegen Reichtum und Gier» oder in Zahlen ausgedrückt, ein Minibudget von 16 Millionen Schilling, entsprechen knapp 1,3 Mio. Schweizer Franken, gegen 36 Millionen Schilling oder knapp 3 Mio. Schweizer Franken. Im Vergleich zur Schweiz immer noch wenig, der SC Bern hatte mit 6,4 Mio. Schweizer Franken das höchste Budget der Liga.
…und dann kam Krueger
«Herz und Kampfkraft» holen sich bereits im ersten Finalspiel, auswärts an der Mur in Graz-Liebenau das Break. In diese Schlussphase steigen wir ein (YouTube) und lassen uns nicht nur durch die beiden mit Werbung vollbepackten Finalgegner beeindrucken. Im Team von McNamara, sind mit Nilsson (Lugano und Kloten), Robin Doyle (Lyss), Dallman (Olten und später Freiburg-Gottéron), Peter Znenahlik (später Zug) und Don Nachbaur (später Trainer in Bern) einige bekannte Protagonisten. Schweizer-Bezug im Team von Krueger hat später nur Bengt-Ake Gustafsson.
Der Aussenseiter gewinnt nicht nur das erste Spiel, sondern auch die best-of-five-Serie mit 3:1. Es ist der erste Titelgewinn für Krueger und damit der Grundstein seiner erfolgreichen Trainerlaufbahn. Für McNamara ist es der letzte Trainerjob bei den «Grossen», nach Graz ist der Kanadier primär, bis auf die Ausnahme als Interimstrainer in Biel 2016-17, nur noch im Junioren-Eishockey tätig. Man könnte sagen, Kruegers Stern ging auf, als McNamaras Stern unter ging. Und Ottakringer? Das Wiener Bier, aktuell auch hierzulande erhältlich, hat sich bis heute tief in meiner Rubrik «unnützes Wissen» verankert und wird noch lange, mit einem Gedanken an den einst grossen EC Ottakringer Graz, mit einem Hauch von Nostalgie, im Kreise unseres Coaching-Staffs genüsslich zu Gemüte geführt.
20.3.94 Graz – Feldkirch 1:3 – Tore: Viktorsson; Wheeldon, Puschnig, Rundqvist
23.3.94 Feldkirch – Graz 2:6 – Tore: Rundqvist, Wheeldon; Krumpschmid, Karel, Cijan, Doyle, Nilsson, Nachbaur
26.3.94 Graz – Feldkirch 1:5 – Tore: Nachbaur; Puschnig, Heinzle, Haberl, Rundqvist, Wheeldon
28.3.94 Feldkirch – Graz 3:1 – Tore: Rundqvist, Wheeldon, Searle; Dallman