Stell dir vor du bist 13 Jahre alt, bist fasziniert vom Eishockey als Nachwuchsspieler aber auch als Fan aller möglichen Vereine, ausserhalb der Schweiz kennst du nur Bruchteile im Vorinternet-Zeitalter. Im September freust du dich auf das einzige Eishockeymagazin der Schweiz, die Nummer 1 des Jahres 1990 bietet ein Highlight nach dem andern. Auf vier Seiten präsentieren sich die grossen Edmonton Oilers beim fünften Stanley-Cup-Sieg. Gefolgt von den zwei neuen hochkarätigen Weltklasse-Schweden des HC Lugano: Mats Näslund und Magnus Svensson. Auf der Doppelseite 22/23 besticht ein höchst seltenes Hockeybild, zwei Spieler des Deutschen Meisters Düsseldorfer EG bedrängen einen NHL-Spieler der St. Louis Blues. Wow! Wie das, du realisierst erst jetzt, dass diese Partie vor wenigen Tagen stattgefunden hat. Vergleiche zwischen verschiedenen Landesmeister haben dich schon vorher, beim Europa-Cup, in den Bann gezogen. Nun aber spielen gleich zwei NHL-Teams in Deutschland. Auf den Seiten 24 und 25 folgen ein weiteres Actionbild zwischen den Blues und der DEG, sowie die Telegramme. Du staunst wie eng die Resultate ausfallen, nie zuvor hattest du einen Vergleich zwischen Westeuropäischen Mannschaften und der überirdischen nordamerikanischen Profiliga. Einzig die NHL-Super-Series zwischen den sowjetischen Teams und der NHL kanntest du.
Die Faszination dieser Vergleiche zieht dich derart in einen Bann, dass du die Trikots der drei Teams welche sich um den Epson-Cup duellierten, in Farbe aufs Papier bringst. Die Kader dazu liefet der Eishockey-Almanach von Copress. Wie es wohl wäre wenn sich der Europa-Cup-Sieger mit einem NHL-Team messen könnte? Wie wohl ein Schweizer Spitzenteam wie der SC Bern oder der HC Lugano gegen diese NHL-Teams aussehen würden? Die Schweiz hätte die finanziellen Mittel gehabt, die beiden NHL-Franchisen ins Land zu locken. Dies erfährst du aber erst Jahre 30 Jahre später bei der Nach-Recherche über dieses Highlight in der Rheinstadt. Düsseldorf wird zu deinem ersten Klub, den du dadurch beim nördlichen Nachbar verfolgst, dies bei der ZDF-Sportschau, im Teletext der Deutschen TV-Sender oder in der Zeitung “Sport.”
Auch die türkisfarbenen Jerseys, durch den japanischen Hauptsponsor Epson, des Deutschen Titelträgers sind 1990 sogar weltweit eine absolute Ausnahme. Die Ausnahme spielt in eben diesen zwei Ausnahmepartien, einmal in türkis (St. Louis) und einmal in weiss (Edmonton) gegen die übermächtigen Gegner. Die Düsseldorfer unterliegen den Edmonton Oilers bloss 0:2 und den St. Louis Blues mit 1:3, allerdings sind sie in der Saisonvorbereitung wesentlich weiter als ihre prominenten Gegner: Edmonton und St. Louis bestreiten in Düsseldorf ihre Saisonspiele eins und zwei, die DEG steht nach zehn Vorbereitungsspielen und zehn Siegen, eine Woche vor dem Bundesliga-Start, nahezu im Vollsaft, schreibt Slapshot.
28 Minuten in Überzahl
Selbst nahezu während 28 Minuten Überzahlspiel bringen die Deutschen in den zwei Partien gegen Edmonton und St. Louis keinen Treffer zustande. Die deutsche Härte, an WM-Turnieren oft besungen, ist für die NHL-Haudegen mehr oder weniger eine Streicheleinheit. Die DEG, unter dem neuen Trainer Hans Zach, dürfte eine der physisch und psychisch stärksten Mannschaften Westeuropas sein. Der deutsche Meister beweist immerhin, dass auch ein westeuropäisches Team gegen NHL-Gegner kein Kanonenfutter ist.
«Wir hatten keinen Spaziergang erwartet, wir wussten, wie gut der Gegner vor allem läuferisch sein würde. Wir haben aber weder unseren Stil gespielt noch unsere normale Leistungsstärke erreicht, vor allem vom physischen Engagement her haben wir nicht unser ganzes Potential ausgespielt. Vielleicht nur knapp 50 Prozent.»
— Mark Messier
«Schulreisli» mit 160 Personen
Die Nordamerikaner selbst schätzen das Gastspiel in erster Linie als «Schulreisli» ein, sie dürfen Frauen oder Freundinnen mit nach Europa nehmen, der gesamte Tross der Blues und Oilers umfasst 160 Personen. St. Louis reist von Düsseldorf wieder zurück in die Heimat, Edmonton bleibt noch eine Woche in Europa, absolviert ein Trainingslager in Seefeld und spielt zwei weitere Partien in Graz und München.
6. September 1990
Düsseldorfer EG – St. Louis Blues 1:3 (1:1, 0:0, 0:2)
Brehmstrasse. – 5’800 Zuschauer. – SR Schnieder (De). – Tore: 6. Brind’Amour (Brown, Stevens) 0:1. 18. Willmann (Gerd Truntschka, Amann) 1:1. 52. Hull (Oates) 1:2. 55. Geoff Courtnall (McLean, Brind’Amour) 1:3. – Strafen: Düsseldorf 2-mal 2 Minuten, St. Louis Blues 5-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Düsseldorf ohne Bernd Truntschka (verletzt), St. Louis Blues ohne Featherstone, Snepsts, Wilson und Raglan (alle überzählig).
Düsseldorfer EG: De Raaf; Hiemer, Schmidt; Niederberger, Amann; Sterflinger, Kreutzer; Lee, Valentine, Werner; Hegen, Gerd Truntschka, Flemming; Willmann, Brockmann, Kasper; Hejma, Scholz, Schulz.
St. Louis Blues: Riendeau (41. Hebert); Stevens, Jeff Brown; Dirk, Paul Cavallini; Roberts, Tilley; Momesso, Oates, Hull; Lowry, Tuttle, Rich Sutter; Courtnall, Brind’Amour, McLean; Gino Cavallini, Ronning, Chase.
7. September 1990
St. Louis Blues – Edmonton Oilers 10:1 (2:0, 3:1, 5:0)
Brehmstrasse. – 5’000 Zuschauer. – SR Ondertoller (De). – Tore: Courtnall (4), Jeff Brown, Tuttle, (2), Rich Sutter (2), Brind’Amour; Lamb. – Strafen: St. Louis Blues 5-mal 2 plus 5 Minuten (Rich Sutter), Edmonton Oilers 5-mal 2 plus 5 Minuten (Anderson). – Bemerkungen: St. Louis ohne Roberts, Tilley, McLean, Chase, Edmonton ohne Gelinas, Tikkanen (beide verletzt), Joseph und Linseman (überzählig).
St. Louis Blues: Joseph; Stevens, Jeff Brown; Dirk, Paul Cavallini; Snepts, Featherstone; Momesso, Oates, Hull; Lowry, Tuttle, Rich Sutter; Courtnall, Brind’Amour, Raglan; Gino Cavallini, Ronning, Rich Wilson.
Edmonton Oilers: Ranford; Lowe, Muni; Steve Smith, Beukeboom; Gregg, Huddy; Anderson, Messier, Simpson; Lamb, Murphy, Graves; MacTavish, Currie, Semenow; Geoff Smith, Ruzicka, Dave Brown; Klima.
8. September 1990
Düsseldorfer EG – Edmonton Oilers 0:2 (0:0, 0:1, 0:1)
Brehmstrasse. – 8’125 Zuschauer. – SR Ondertoller (De). – Tore: 37. Messier (Simpson) 0:1. 49. Joseph (Messier, Anderson) 0:2. – Strafen: Düsseldorf 4-mal 2 plus 10 Minuten (Kreutzer); Edmonton Oilers 10-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Düsseldorf ohne Bernd Truntschka (verletzt), Edmonton Oilers ohne Gelinas, Tikkanen (beide verletzt), Ranford, Lowe und Currie (alle überzählig).
Düsseldorfer EG: De Raaf; Hiemer, Schmidt; Niederberger, Amann; Sterflinger, Kreutzer; Lee, Valentine, Werner; Hegen, Gerd Truntschka, Flemming; Willmann, Brockmann, Kasper; Hejma, Scholz, Schulz.
Edmonton Oilers: Reddick (30. Greenlay); Joseph, Muni; Steve Smith, Beukeboom; Gregg, Huddy; Anderson, Messier, Simpson; Lamb, Murphy, Graves; MacTavish, Linseman, Semenow; Geoff Smith, Ruzicka, Brown; Klima.
Die St. Louis Blues gewinnen die zweite Austragung des Epson-Cups. Neben dem Topskorer des Turniers stellen die Blues auch vier Spieler im All-Star-Team. Stanley-Cup-Sieger Edmonton enttäuscht beim 1:10 gegen seinen Liga-Konkurrenten.
Die Schweizer-Vertreter haben dieses Spektakel verpasst. Verpasst haben dies auch, trotz allen finanziellen Möglichkeiten, die Devils Mailand mit ex-Oiler Jari Kurri.
1. | St. Louis Blues | 2 | 2 | 0 | 0 | 13:2 | 4 |
2. | Edmonton Oilers | 2 | 1 | 0 | 1 | 3:10 | 2 |
3. | Düsseldorfer EG | 2 | 0 | 0 | 2 | 1:5 | 0 |
All-Star-Team: Helmut de Raaf (DEG); Geoff Smith (Oilers), Kevin Stevens (Blues); Brett Hull (Blues), Rod Brind’Amour (Blues), Geoff Courtnall (Blues)
14. September 1990
EC ATSE Graz – Edmonton Oilers 3:12 (0:3, 0:4, 3:5)
Liebenau. – 5’000 Zuschauer. – SR Korentschnig, Eiger/Pammer (alle Ö). – Tore: 3. Anderson 0:1. 10. Anderson 0:2. 20. Graves 0:3. 22. Brown 0:4. 31. Lamb 0:5. 36. Geoff Smith 0:6. 38. Currie 0:7. 44. Simpson 0:8. 49. Groulx 1:8. 49. Ruzicka 1:9. 50. Simpson 1:10. 52. Havasi 2:10. 53. Semenow 2:11. 59. Sivec 3:11. 60. Brown 3:12.
Graz: Rudman; Dorn, Geiger; Doyle, Havasi; Kompajn, Bidovec; Gardner, Peter Znenahlik, Szybisti; Sivec, Groulx, Nachbaur; Mezei, Prat, König; Loibnegger, Walter Znenahlik, Gross.
Edmonton Oilers: Ranford (30. Greenlay); Gregg, Lowe; Joseph, Muni; Beukeboom, Steve Smith; Anderson, Messier, Simpson; Semenow, Ruzicka, Lamb; Murphy, Graves, Klima; Brown, Linseman, Gelinas.
15. September 1990
EC Hedos München – Edmonton Oilers 4:8 (0:3, 2:2, 2:3)
Olympiapark. – 6’300 Zuschauer (ausverkauft!). – SR Radosai, Pfahler/Winklmeier (alle De). – Tore: 7. MacTavish (Anderson) 0:1. 10. Currie (Geoff Smith) 0:2. 13. Brown (Messier, Steve Smith) 0:3. 23. Messier (MacTavish) 0:4. 31. Currie (Murphy, Messier) 0:5. 33. Berry (Hodgson) 1:5. 39. Funk (Baier) 2:5. 41. Klima (Graves, Anderson) 2:6. 50. Berry (Betz, Hodgson) 3:6. 58. Berry (Hodgson) 4:6. 58. Ruzicka (Semenov, Steve Smith) 4:7. 59. Semenow (Lamb) 4:8. – Strafen: Edmonton Oilers 3-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Hedos München ohne Kaminski (verletzt), Edmonton Oilers ohne Gelinas, Tikkanen (beide verletzt), Greenlay, Gregg und Simpson (alle überzählig).
Hedos München: Zankl (31. Meister); Denisiuk, Stumpf; Gailer, Grzesiczek; Berndaner (C), Heinold; Berry, Hodgson, Betz; Steiger, Maj, Volland; Vanik, Langlois, Funk; Sterflinger, Baier, Andrysek.
Edmonton Oilers: Ranford (31. Reddick); Steve Smith, Beukeboom; Joseph (2), Lowe; Huddy, Geoff Smith; Muni (2); Murphy, Graves, Klima; Lamb, Anderson, Messier (C); Linseman, Semenow, Currie, MacTavish (2), Brown, Ruzicka.
Quellen: “Düsseldorfer EG – Aus alten Zeiten – 1935 bis 2006” (facebook-Gruppe), Eishockey-Magazin, Slapshot Magazin, Zeitung “Sport”