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Jäähalli und Teatteri

Helsinki, wie viel haben wir alle schon davon gehört oder darüber gelesen, wer sich mit Eishockey befasst kommt eher früher als später mit der finnischen Hauptstadt in Kontakt. Eher früh sehe ich im Frühling 1991 die ersten Weltmeisterschaftsspiele aus der Helsingin Jäähalli am TV. Früh fasziniert auch der neue finnische Meister im Europa-Cup Halbfinal 1992, wieder in der Jäähalli und wieder am TV, gegen den Schweizermeister SC Bern. Jokerit prägt das europäische Eishockey gegen Ende der 90er Jahre und verzückt mit seinen violett-türkis-weissen Jerseys quer durch den Kontinent. Eher spät gehts in eigener Sache an die Weltmeisterschaft 2022, endlich in die achtfache WM-Stadt Helsinki.

Die Hartwall Arena steht während der WM 2022 im «russischen Abseits,» im Abseits steht auch das grüne E-Trotti von «Tier.» (Krein)

Spielort ist, aus bekannten Gründen, erstmals seit 1997 nicht mehr Helsinkis Prunkstück Hartwall Arena. Jokerits Heimstätte liegt etwas ausserhalb und ist per E-Trottinett innert 30 Minuten vom Stadtzentrum zu erreichen, zu meinen Erschrecken liegt die Arena schon ausserhalb des Geschäftsbereichs meines Trottinett-Anbieters «Tier», ob ich je wieder zurückkehren kann? Zweifellos wäre dies der perfekte Austragungsort für die erstmaligen Spiele nach der Pandemie. Auf halbem Weg, gleich beim Olympischen Park liegt die altehrwürdige Jäähalli. Geschichtlich gehts hier per Zeitreise in ruhmreiche Zeiten des WM-Kults. Bei der WM 1974 gabs hier den Volvo-Skandal – die Schweden sind mit unerlaubter Werbung ihres Autoherstellers eingelaufen – bei der WM 1982 spielte Wayne Gretzky sein einziges Mal mit Kanada an den Weltmeisterschaften und 1991 ging hier die letzte WM mit Acht Teams über die Bühne. Trotz unerlaubter Entfernung mit meinem Tier-Gefährt komme ich ohne Panne für 12 Euro 66 wieder ins Stadtzentrum zurück.

Ambühl löst Kiessling ab

Zurück kehrt auch die Jäähalli, am 21. Mai 2022, ins internationale Rampenlicht. Der Kreis der Jäähalli, am Nordenskiöldinkatu 11-13, schliesst sich mit einem internationalen Meilenstein, Andres Ambühl löst den ewigen Rekordspieler Udo Kiessling ab und dies in der gleichen Spielstätte wo die deutsche Legende Acht von seinen 119 WM-Partien absolviert hat. 1991 hat Kiessling in Helsinki sein letzten WM-Turnier gespielt. Die Jäähalli, so scheint es, ist für Ambühls Rekord die richtige Bühne. Ambühl holt hier nämlich bei seinem ersten Auftritt, am 22. März 2001 mit der U18-Nationalmannschaft die WM-Silbermedaille (2:6 Final-Niederlage gegen Russland). Später spielt Ambühl an der WM 2012 in der erwähnten Hartwall-Arena nochmals in Helsinki. Am 22. September 2015 verliert Ambühl mit dem HC Davos in der Jäähalli gegen IFK, mit Headcoach Antti Törmänen, im Champions-Hockey-League 16-Final mit 1:2.

Ambühls 120. WM-Partie gegen Weltmeister Kanada bietet Hochspannung und Spektakel, da ist alles drin was das Hockey-Herz begehrt und die alternde, zu Ambühl passende Spielstätte wird zur Nebensache. Neben dem Rekordspieler sind es die Schweizer Ausnahmekönner aus Übersee welche «ohne jeden Zweifel erhaben sind», wie es ein bekannter Deutscher Entertainer sagen würde. Die Mannschaft beeindruckt mit einer schon fast unheimlichem Geschlossenheit. Das hohe Tempo wird durch die steile Tribüne und durch das schmalere Eisfeld noch verstärkt, dieses Team von Patrick Fischer hat alles was es braucht um ganz vorne mitzuspielen.

Klassentreffen Teatteri

Ganz vorne mit spielt auch der Schweizer Anhang, die Schweizer Hockeyfans sind die Holländer des Eishockeys, die rot-weisse Welle pflügt sich quer durch die finnische Hauptstadt und ist zu jeder Tageszeit allgegenwärtig. In unserem Hotel (Finn-Hotel), im Herz der abendlichen Herrlichkeit gleich beim Irish-Pub am Kalevankatu, liegt jede Nacht irgend ein abgesoffener Schweizer auf einer Treppe oder im Korridor. Ein anderes Klassentreffen, wie es der SRF-Co-Kommentator passend ausdrückt, findet im Restaurant Teatteri statt. Die Hockeyprominenz um Funktionäre, Fan-Gruppierungen und Spieler gönnt sich dort einen späten Umtrunk. Ja, Spieler sind auch dabei, neben drei Schweizer Akteuren, welche das lokal zu einer anständigen Zeit verlassen, beweisen die Kanadier ihre Trinkfestigkeit. Der 195m Hüne Adam Lowry ist gut gelaunt und nimmt die Gratulation über seinen Treffer (2:1) gegen Leonardo Genoni gerne entgegen. Die weiblichen «Groupies» tummeln sich um den kanadischen Tisch und Supertalent Kent Johnson hat alle Hände voll zu tun.

Erinnerungen an Quebec 2008 werden wach, die Russen waren damals jede Nacht bis in die frühen Morgenstunden unterwegs, am Ende holten sie den Weltmeistertitel. Für die Krimi-Autorin Donna Leon, welcher wir kurz vor unserem Abflug in der Abflughalle zufällig über den weg laufen, würden die Kanadier eine perfekte Rolle für den Helsinki-Krimi abgeben. Als finanzieller Krimi entpuppt sich auch der Bierkonsum, die teuersten Hopfengetränke gehen für 12 Euro 50 pro Bier in der Bankabrechnung ein. Lapin Kulta, Koff (langjähriger IFK-Sponsor), Karhu, Karjala (da gabs auch schon einen Cup) oder Aura heissen die finnischen Aushängeschilder an den Zapfhähnen.

Die Hockeywelt um Kirchler

Wie das Bier zur WM gehören auch die Trottinetts zu Helsinki. Die E-Trottis sind allgegenwärtig und summieren sich im dreistelligen Zahlenbereich jeweils vor den Schweizer Spielen auf dem Gelände der Jäähalli. Die Hockeywelt ist in Helsinki, von den flotten Österreichern aus dem Vorarlberg, über den DEG-Fan – der den Brehmstrasse-Kult noch erlebt hat, über Asconas Kultspieler und heutigem Regio-League Boss, über den treuen Briten im Slough Jets-Jersey bis zu Zürichs aktuellem Sportchef und ehemaligen Presseverantwortlichen. Während des Italien-Spiels kaum zu übersehen ist die gelb-schwarze Fan-Gruppe des HC Pustertal/Val Pusteria, angeführt durch Kult-Mann Patrick Kirchler. Der Brunecker Kirchler begleitet die Azzurris seit 1993 an fast jedes WM-Turnier und gilt als weltbekannte Koryphäe in Sachen Hockeyjerseys.

Selbstverständlich darf auch ein Besuch bei den SRF-Kommentatoren und Berufskollegen Reto Müller und Philippe Furrer nicht fehlen. Auf dem Heimweg nach dem Frankreich-Spiel folgt ein kurzer und höchst kurzweiliger Fussmarsch mit Ralph Krueger. Krueger hat während der WM 1997 seinen Vertrag bei Swiss Ice Hockey in Helsinki unterschrieben und legte damit hier den Grundstein für das heutige Eishockey-Daseins unseres Landes. Helsinki ist zwar nicht Tampere, dennoch unterstreicht die finnische Hauptstadt während dieser WM ihre Wichtigkeit auf der Eishockey-Landkarte und tritt früher oder später mit so manchem in Kontakt.

Kanada – Schweiz 3:6 (3:3, 0:1, 0:2)
CAN – Johnson, Lowry, Batherson
SUI – Fora, Kukan, Siegenthaler, Hischier, Suter, Meie

Die Hauptstadt heisst Tampere

Tampere, auch bekannt als Stadt am Tammerkoski oder den Tammerkoski-Stromschnellen, einer Kilometer langen Verbindung quer durch die Stadt zwischen den Seen Näsijärvi und Pyhajärvi. Die Verbindung zwischen der Hauptstadt Helsinki und Tampere ist 180 Kilometer lang und per Zug innert anderthalb Stunden zu erreichen. Ein Ticket der VR-Yhtymä Oy, der finnischen SBB, kostet am achten WM-Tag 35 Euro. Der Komfort ist gross, neben einem eigenen kleinen «Büro» mit drehbarem Stuhl, gibts zur atemberaubenden Zug-Aussicht in der oberen Etage auch eine Kaffee-Bar.

Die neuste Arena der Welt

Tampere ist nach 1965, 1982, 1991, 1997, 2003 zum sechsten Mal WM-Schauplatz. Zum ersten Mal präsentieren die Finnen dabei ihr neustes Prunkstück, die Nokia-Arena. Ein wahres Bijou wie es im Vorfeld heisst. Die Arena im NHL-Stil bietet Platz für 13’500 Zuschauer und wird im Dezember 2021 durch zwei Meisterschaftsspiele der Lokalmatadoren Tappara und Ilves (3:6 und 7:0) eröffnet. Wer in Tampere dem Zug entsteigt, erblickt die neue Spielstätte bereits nach wenigen Metern, entlang der «Rautatienkatu», in südlicher Richtung (siehe YouTube). Durch alte Häuserzeilen hindurch ist die Stahlfassade von weitem zu erkennen und bestärkt damit seine Anziehungskraft. Da willst du hin, das musst- und willst du als Ganzes sehen.

Via das Seitensträssli «Sorinkatu» erblickst du den imposantesten Zugang des Baus von Architekt Daniel Libeskind. Die «Kinder» der Arena zieren die Fassade des 196m2 grossen Kubus, Tappara und Ilves sind aus der alten Hakametsä Jäähalli ins Stadtzentrum gezogen. Das Stadtzentrum entpuppt sich an diesem 20. Mai als ein einziges WM-Fest, mindestens sechs Fan-Zonen, zahlreiche Plakate, Fahnen und Finnland-Jerseys gibts in jedem Laden, da gibts sogar einen Rajala-Pro-Shop, ein Fotogeschäft.

Tammerkoski und Jääkiekkomuseo

Dem Tammerkoski, welcher Hockeytechnisch erstmals 1993 in Horst Eckerts Eishockey-Lexikon erscheint, entlang gehts Richtung finnische Hockey-Hall-of-Fame oder ins «Suomen Jääkiekkomuseo», welches direkt am «Stromschnellen» in einer ehemaligen Turbinenfabrikation oder im heutigen Vapriikki-Haus untergebracht ist. In der dritten Etage ist das Logo zu erkennen und lädt ein, in eine weitere Welt des finnischen Eishockeys. An den wichtigsten Trophäen, der Kanada-Malja oder etwa den Weltmeisterschafts-Pokalen, vorbei kann man sich in zahlreichen Vitrinen in einem virtuellen Lexikon verlieren. Biel-Trainer Antti Törmänen ist ebenso vertreten wie Riikka Välilä-Nieminen Sallinen.

Schnell erkennst du, da ist Eishockey, die Stadt ist Eishockey, hier ist jede:r der den Pucksport liebt irgendwie Zuhause. Im Verlaufe des Tages verstehst du warum hier gleich zwei finnische Spitzenklubs über Jahre nebeneinander leben können, wobei Ilves auf dem Stadtbummel präsenter erscheint – als das zuletzt erfolgreichere Tappara – und überall zu erkennen ist, sei es per Aufkleber an Strassenschildern, als Ilves-Hotel oder Ilves-Bar & Night. Doch während der WM gilt das Hauptaugenmerk natürlich Finnland. Der aktuelle Olympiasieger spielt um 16 Uhr 20 gegen die Briten. Zu Fuss ist die Nokia-Arena vom Tammerkoski innert zehn Minuten, vorbei an zahlreich durch Fans gefüllte Bars, zu erreichen.

Selbst gegen den krassen Aussenseiter und späteren Absteiger sind an diesem sonnigen Freitag-Nachmittag fast alle Tickets weg. Das Leben in den Etagen der Spielstätte floriert wie das fröhliche Treiben in der Innenstadt. Die erste Etage ist innert fünf Minuten einmal umrundet und bietet unterschiedliche Verpflegungszonen. Eine Etage höher ist ein Rundgang nicht mehr möglich, das treiben in den Gängen regt die Vorfreude auf den bevorstehenden Auftritt «Suomis» zusätzlich an. «Suuomi, Suuomi, Suuomi…» ruft ein Wahnsinniger (ist zu Beginn des Intros, siehe YouTube, noch zu hören) praktisch über die gesamten 60 Spielminuten im Alleingang. Die Halle ist «weiss», kaum eine:r trägt kein Löwen-Trikot.

Das Hockeyfest steigt und bringt mit einem 6:0-Sieg den in etwa erwarteten Ausgang in einer hervorragenden Atmosphäre, in einem atemberaubenden Stadion. «Da willst du wieder hin» oder wie wohl ein Spiel zwischen Tappara und Ilves sein würde? Oder wie fühlt sich Toni Rajala, dem ein Treffer gelingt, an der neuen Wirkungsstätte seines ehemaligen Stammclubs, wo er zwischen 2005 und 2012 tätig gewesen war? Oder wie ist es für Grossbritannien, welches in der Nachkriegszeit noch nie vor 11’502 Zuschauern gespielt hat? Platzanweiser Jari Autio, welcher meinen Eingang A6 betreut, erzählt von den Spielen zwischen den beiden Stadtklubs, es werden jeweils nur die Fanartikel ausgetauscht, der Rest inklusive Personal bleibt innerhalb der klubübergreifenden Gesamtorganisation. Die meisten dieser Equipe seinen auch hier an der WM im Einsatz, sagt Autio.

Highlights

Im zweiten Spiel gehen die Österreicher um ihr schweizerisches Trainergespann gegen Lettland in die Overtime, doch draussen herrscht auch um 23 Uhr noch die Nachmittagssonne und selbst das Penaltyschiessen bringt noch keine Dunkelheit. In Tampere gehört eben nicht nur das neue Hockey-Bijou zu den Highlights, sondern auch die Natur spielt hier mit, die «Hauptstadt» so scheint es, heisst nun Tampere.

Freitag, 20. Mai 2022, 16 Uhr 20

Grossbritannien – Finnland 0:6 (0:2, 0:2, 0:2)
Nokia Arena. – 11 502 Zuschauer. – SR Dehaen /Frandsen (Fr/Dä); Briganti /Seewald (USA/Ö). – Tore: 7. Friman (Vatanen, Lammikko) 0:1. 12. Hietanen (Manninen, Lehtonen) 0:2. 27. Filppula (Granlund, Hartikainen) 0:3. 29. Armia (Friman, Pesonen) 0:4. 50. Maenalanen (Lindell, Ohtamaa) 0:5. 56. Rajala (Heiskanen, Pesonen /Ausschluss Myers) – Strafen: Grossbritannien 2-mal 2 Minuten, Finnland 1-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Grossbritannien ohne Hedley, Duggan und Ferrara, Finnland ohne Säteri, Pokka und Innala (alle überzählig). Torschüsse: 10:42 (4:14, 5:17, 1:11).
Grossbritannien: Bowns (Whistle); Tetlow, Richardson; O’Connor, David Phillips; Ehrhardt, Clements; Batch, Jones; Dowd, Neilson, Lake;
Mosey, Conway (2), Perlini; Jonathan Phillips (C), Lachowicz, Waller; Davies, Myers (2), Hook.
Finnland: Olkinuora (Tuohimaa); Lehtonen, Hietanen; Heiskanen, Seppälä; Friman, Vatanen; Lindell, Ohtamaa; Granlund, Manninen, Hartikainen; Rajala, Filppula (C), Sallinen; Pesonen, Lammikko, Armia (2); Maenalanen, Björninen, Anttila.

Freitag, 20. März 2022, 20 Uhr 30

Lettland – Österreich 3:3 (0:0, 3:2, 0:1, 1:0)
Nokia Arena. – 8’516 Zuschauer. – SR Nord /Štolc (Sd/Slk), Chaput /Synek (Ka/Slk). – Tore: 22. Nissner (Raffl, Schneider) 0:1. 26. Balcers (Jaks, Abols) 1:1. 30. Rihards Bukarts (Cukste, Dzierkals /Ausschluss Maier) 2:1. 32. Heinrich (Schneider, Haudum (Ausschlüsse Zile, Abols) 2:2. 36. Balcers (Rihards Bukarts, Sotnieks) 3:2. 47. Raffl (Zündel, Nissner) 3:3. – Penaltyschiessen: Kasper -, Jelisejevs 1:0, Ganahl -, Abols -, Schneider -, Roberts Bukarts 2:0, Heinrich 2:1, Balcers -, Lebler -. – Strafen: Je 5-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Lettland ohne Grigals, Bergmanis und Smons (alle überzählig), Österreich ohne Madlener, Wimmer (beide überzählig) und Baumgartner (verletzt). Torschüsse: 20:32 (6:9, 10:4, 3:15, 1:4).
Lettland: Šilovs (Merzlikins); Zīle (2), Jaks; Rubīns, Kulda; Sotnieks, Čukste; Mamčics; Ķēniņš, Ābols (C, 2), Balcers; Rihards Bukarts, Džeriņš (2), Dzierkals (2); Roberts Bukarts, Batna, Jeļisejevs; Marenis, Veinbergs (2), Krastenbergs; Smirnovs.
Österreich: Starkbaum (Kickert); Unterweger (2), Maier (2); Heinrich, Zündel; Kirchschläger, Wolf; Hackl, Brunner; Ganahl (C), Haudum (2), Kasper; Raffl, Nissner, Schneider (2); Lebler (2), Wukovits, Huber; Schwinger, Achermann, Feldner.

Sammelbecken der Weltmeister

Wie der EHC Biel, hat auch der HC Lugano die gleichen drei Schlüsselpositionen mit Finnen besetzt. Der neue Headcoach Sami Kapanen, Verteidiger Atte Ohtamaa (ausgesprochen Oochtama) und Stürmer Jani Lajunen sind das Gegenstück zu Antti Törmänen, Anssi Salmela und Toni Rajala. Ohtamaa holte im vergangenen Frühling in Bratislava, zusammen mit Rajala, den dritten Weltmeistertitel Finnlands. Komplettiert wurden die beiden durch die Schweizer Söldner Petteri Lindbohm (Lausanne) und Harri Pesonen (SCL Tigers).

Zwölf finnische Weltmeister

Doch bereits acht Jahre vor dem aktuellen «Schweizer-Quartett», veredelten sich Lajunen und Salmela an der gleichen Wirkungsstätte mit dem zweiten WM-Gold für Finnland. Zum finnischen Gold-Team gehörten zudem die früher- oder späteren «Schweizer» Juhamatti Aaltonen (Bern), Jarkko Immonen (Zug), Jesse Joensuu (Bern), Niko Kapanen (Zug), Janne Niskala (Zug), Janne Pesonen (Ambri-Piotta), Antti Pihlström (Freiburg-Gottéron), Mika Pyörälä (Bern), Tuomo Ruutu (Davos) und Teammanager Timo Jutila (Bern).

Zwei Drittel des Weltmeisterteams von 1995

Das erste finnische Gold-Kunststück aber haben die drei aktuellen National-League-Trainer Kapanen, Törmänen und Ville Peltonen (Lausanne) bereits 1995, beim ersten WM-Titel Finnlands, geschafft. Zu den «Helden von Stockholm», gehörten neben der gesamten Verteidigung um Erik Hämäläinen (SCL Tigers), Timo Jutila (Bern), Marko Kiprusoff (Kloten), Janne Niinimaa (Davos), Peters Nummelin (Davos und Lugano) Mika Strömberg (Chur) und Hannu Virta (Grasshoppers und ZSC Lions), auch Tero Lehterä (Basel und Ambri-Piotta), Mika Nieminen (Grasshoppers), Janne Ojanen (Lugano), Ari Sulander (ZSC Lions) und Raimo Summanen (Bern und Trainer in Rapperswil-Jona), sowie Headcoach Curt Lundström (Kloten).

Im Fazit heisst dies, wer mit Finnland Weltmeister wird, wird höchstwahrscheinlich irgendwann in seiner Karriere in der Schweiz landen. Aktuell spielen, neben den drei Trainern, vier Weltmeister von 2019- und zwei Weltmeister von 2011 in der National-League.

Die aktuellen Finnland-Weltmeister

Sami KapanenLugano
Jani LajunenLugano
Petteri LindbohmLausanne
Atte OhtamaaLugano
Ville PeltonenLausanne
Harri PesonenSCL Tigers
Toni RajalaBiel
Anssi SalmelaBiel
Antti TörmänenBiel

21. September 2019

Biel – SCL Tigers 3:2nP (0:1, 1:1, 1:0, 0:0, 1:0)
Tissot-Arena. – 5’627 Zuschauer. – SR Borga/Stricker, Ambrosetti /Cattaneo. – Tore: 8. Neukom (Maxwell, Glauser) 0:1. 25. Maxwell (Blaser, DiDomenico/Ausschluss Gustafsson) 0:2. 27. Pouliot 1:2. 48. Rathgeb (Schneider) 2:2. – Penaltyschiessen: Hügli -, Pesonen -; Riat -, Maxwell -; Rajala 1:0, Diem -; Tschantré -, Schmutz -; Schneider 2:0. – Strafen: Biel 5-mal 2 plus 10 Minuten (Künzle), SCL Tigers 8-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Biel ohne Brunner (verletzt) und Neuenschwander (krank), SCL Tigers ohne Earl und In-Albon (beide verletzt).
Biel: Paupe; Moser, Kreis; Rathgeb, Forster; Sataric, Salmela; Fey; Tschantré, Pouliot, Rajala; Hügli, Cunti, Künzle; Riat, Fuchs, Schneider; Ulmer, Gustafsson, Lüthi; Karaffa.
SCL Tigers: Ciaccio; Glauser, Leeger; Erni, Lardi; Schilt, Blaser; Cadonau, Huguenin; Kuonen, Maxwell, Neukom; DiDomenico, Berger, Pesonen; Schmutz, Gagnon, Dostoinow; Rüegsegger, Diem, Andersons.

Das doppelte Saisonende

Morgen, 6 Uhr 45 in der Früh, der Wecker klingelt – ein Mammut-Programm steht bevor. Die Eishockeytasche meines Sohnes ist schon gepackt. Heute heisst die Hockey-Destination Olten. Olten, verkörpert auch meine alte Hockey-Liebe, wie haben mich doch die NLA-Zeiten der Oltner in der «Blacky-Ära» geprägt. Das Stadion Kleinholz in Olten liegt an der Sportstrasse 95, dies ist die Adresse, mit dem das Navigationsgerät gespeist wird, vor der Eingabe steht da immer noch das Ziel der letzten Destination, «Rue des Mélèzes 2, La Chaux-de-Fonds.» Eine Hockeysaison ist lange, kalt, intensiv und kräfteraubend, aber auch bereichernd, erfüllend und meine einzige Passion, welche ich seit meinem elften Lebensjahr intravenös verabreicht bekommen habe.

Von Lyssern und Oltern

Kurz nach dem Start holen wir noch einen Teamkollegen ab, dann gehts Richtung Solothurn. Um 8 Uhr 30 begrüssen wir, Headcoach Noël Gerber und ich, unsere Mannschaft. Es ist das letzte Turnier der Saison, wir appellieren an den wichtigsten Faktor unseres Hockey-Daseins, der Freude: «Geniesst das letzte Turnier, dann gibts eine lange Pause.» Die Mannschaft schlägt sich gut und der Spassfaktor steigt. Das Highlight ist ein Sieg gegen Lokalmatador EHC Olten. Mit 2:1 kämpfen wir das Heimteam in die Knie und beenden unsere Gruppe auf dem zweiten Schlussrang. Während des Turniers versende ich ein paar «Grüsse» aus dem Kleinholz an den Goalie des Fanionteams, «Simon, wir vertreten dich als Lysser im Kleinholz.» Der Lysser Simon Rytz ist am Vorabend mit dem EHC Olten gegen seinen Bruder Philippe und den SC Langenthal im Swiss-League-Halbfinal ausgeschieden. Hätten Simon und die Oltner gestern gewonnen, hätten sie am Mittag, während unseres Mittagessens, ein Training absolviert.

„Physisch und psychisch meine härteste Saison aller Zeiten.“

— Michael Krein

Während des Turnieres erspähe ich auch EHC Biel-Trainer Antti Törmänen, denn dessen Sohn steht für den EHC Biel-Spirit im Einsatz. Zu unserem Spiel um die Bronze-Medaille, trifft auch noch MySports-Kollege Andreas Hagmann ein, ein Oltner der nur fünf Minuten vom Stadion entfernt Zuhause ist. Die Eishockey-Welt ist klein und einfach wunderbar, sie ist der Puls meines Lebens und infiziert bereits die nächste Generation. Die deutsche Firma «Rookie-Playercards», gibt ihr Know-How zum besten, mit einem Zwei-Mann Fotografen-Team fertigt sie innerhalb eines halben Tages ein komplettes Fotoset sämtlicher Nachwuchs-Akteure an. Für die Kinder ein Leckerbissen, die professionellen Bilder und Karten verkaufen sich wie «warme Semmel.»

Von Olten nach Freiburg

Um 16 Uhr 30 gings wieder zurück ins Berner Seeland, dies für mich allerdings nur als Zwischenstation, denn um 18 Uhr muss ich in Freiburg sein. Meine nächste Destination heisst gleichentags «Allée du Cimetière 1, Fribourg.» Müdigkeit hat heute keinen Platz, ein solcher Tag verkörpert quasi meine übliche Tätigkeit zwischen August und März, da gibts mit Ausnahme der Festtage, kein hockeyfreies Wochenende. Es war zweifellos meine physisch und psychisch härteste Saison, mein wohl intensivster, längster und härtester Winter aller Zeiten. Mit dem letzten Piccolo-Turnier und dem letzten MySports Einsatz Vorort, wird der harte Winter gleich doppelt beendet. Was jeweils im August voller Vorfreude beginnt, endet im März mit einer grossen Genugtuung und entspannter Zufriedenheit.

Nach der Saison ist vor der Saison

Zu Ende geht auch die Ära der ehemaligen «Patinoire St. Leonard», 1982 erbaut, wird die BCF-Arena rundum saniert, die Baustelle ist rund ums Stadion bereits seit längerem im Gang. Zum letzten Mal sitze ich an diesem Abend in der kultigen und brüchigen Kommentatoren-Kombüse (Foto), etwas Wehmut macht sich breit, denn ich bin ein Traditionist, die Vergangenheit pflege ich oftmals besser als die Gegenwart. Nie vergessen werde ich mein erstes Spiel, welches ich mit meinem Vater in der ersten Saison der Bykow/Chomutow-Ära besuchen konnte, oder das Viertelfinal-Wunder Gottérons gegen den damaligen Champions-Hockey-League-Sieger ZSC Lions, im Frühling 2009. Doch nun gilt es wieder nach vorne zu schauen, die Saison mit der Weltmeisterschaft in Bratislava abzuschliessen und sich in den Sommermonaten gut zu erholen, denn bereits im August gehts wieder los, mit dem doppelten Kickoff, bei MySports und bei den Piccolos des SC Lyss.

Wenn sich IFK und Jokerit in Küssnacht heimlich duellieren

Antti Törmänen und Waltteri Immonen haben zwischen 1990 und 1998 sieben Jahre zusammen beim finnischen Topklub Jokerit Helsinki verbracht. Seit 2008 ist Immonen als Assistenztrainer in der Schweiz tätig, Törmänen kam drei Jahre später zum SC Bern. Heute stehen die zwei Finnen bei Kloten und Biel an der Bande.

Szenenwechsel: Es ist Samstag, sieben Uhr in der Früh, die ersten Eltern treffen mit ihren Kindern in der Rigihalle in Küssnacht ein. Eines von zahlreichen Piccolo-Turnieren, welches Wochenende für Wochenende auf allen Eisbahnen in der Schweiz über die Bühne geht. Erstmals dabei beim Küssnachter SC ist ein Jungtrainer, gleichzeitig spielt der Mann mit «Jokerit Helsinki» Baseballcap im Fanionteam in der 2. Liga.

Riki Immonen (links im Jokerit-Cap), vermutet keinen Törmänen. (Küssnachter SC)

Der Jungtrainer mit der Jokerit-Mütze ist der Sprössling von Waltteri Immonen. Doch er ist nicht der einzige Finne, welcher an diesen Samstag Vormittag in der Rigihalle im Einsatz steht. Bei den Piccolos des SC Lyss steht ebenfalls ein Finne auf dem Matchblatt, dabei handelt es sich um den jüngeren Sohn des Trainers der 1. Mannschaft des EHC Biel. Biel und Lyss arbeiten bei den jüngsten zusammen, so gehören solche Aufgebote zur Tagesordnung. Törmänen Junior trägt sogar noch die Stulpen von IFK Helsinki, dem letzten Klub, vor Papas Wechsel ins Berner Seeland.

Ein aufmerksamer Gegenspieler Küssnachts, neben Törmänen stehend, will mehr wissen und fragt erstaunt: «Tragen die Spieler ihre echten Namen auf ihren Trikots?» Ob dies dem Küssnachter Assistenten finnischer Herkunft ebenfalls aufgefallen ist? Vermutlich nicht, warum auch, denn Riki Immonen hat immer in der Schweiz gespielt. So duellieren sich «heimlich» die Söhne aus der finnischen Hauptstadt im schweizerischen Küssnacht, in der Schweizer-Nachwuchsausgabe mit dem besseren Ende für «Jokerit».