Ein Sumpfhase in der Provinz

Eine Weltpremiere ist es, am 23. Oktober 2021 geht das erste National-League-Spiel zwischen dem HC Ajoie und dem HC Lausanne in die Geschichtsbücher ein. Nie zuvor haben sich die beiden Romands im Oberhaus getroffen. Zum zweiten Mal in der Ajoie spielt Neuzugang Maxime Fortier, der Kanadier hält sich vor seinem dritten Europa-Engagement in der East-Coast-Hockey-League (ECHL) bei den Greenville Swamp Rabbits fit. Greenville Swamp Rabbits? Die «Sumpf Hasen» spielen seit 2015 in der ECHL und sind ein Nachfolgeclub der Greenville Road Warriors und der Greenville Grrrowl. Swamp Rabbits klingt nach tiefster amerikanischer Hockey-Provinz und wäre in der Schweiz wohl mit dem HC Delémont-Vallée oder dem HC Tramelan zu vergleichen.

Nun spielt Fortier in der obersten Spielklasse in der schmucken und kleinsten Arena der Liga. Von der amerikanischen Provinz ins schweizerische Rampenlicht? Diese Aussage ist sportlich absolut korrekt, stadiontechnisch und infrastrukturell jedoch wie ein Wechsel von der Vaudoise-Arena in die Patinoire Régionale in Delémont. Tatsächlich spielen die Swamp Rabbits in der Bon-Secours-Wellness-Arena, vor einer Kulisse von 15’591 Sitzplätzen. Der Schnitt in Greenville allerdings liegt zuletzt bei knapp 3’000 Zuschauern.

Der Schnitt der Raiffeisen-Arena in Pruntrut übertrifft aber den Schnitt der drittklassigen ECHL-Organisation aus dem Bundesstaat Süd-Carolina. Die Fan- und Hockeykultur im Schweizer Jura ist höher einzuschätzen als die Hockeykultur in Greenville, dennoch dürfte die ehemalige Voyeboeuf, neben den Gästen aus Lausanne, auch Fortier zum staunen bringen. Es ist ein Erlebnis. Der Weg des TV-Kommentators zum Presseraum gleicht einem Hindernisparcours: Durch eine kleine Hühnerleiter gehts direkt durch die Spielerbank des HC Ajoie, weiter gehts durch zwei Stehplatz-Fanzonen der Jurassier, ehe der Weg vor den Kabineneingängen beider Mannschaften über eine Treppe bis durch einen langen «Hotelkorridor» quer durch die Loge zum Presseraum führt. Es ist als gäbe es die Valascia in renovierter Form in Pruntrut. Der Weg der Lausanner auf dem Eis der Jurassier erweist sich um einiges einfacher als der Weg der Kommentatoren durch die Eishalle des HC Ajoie.

23. Oktober 2021 – 19. Runde

Ajoie – Lausanne 2:6 (1:3, 0:2, 1:1)
Raiffeisen-Arena. – 3’855 Zuschauer. – SR Wiegand /Piechaczek, Kehrli /Obwegeser. – Tore: 6. Glauser (Varone, Frolik) 0:1. 16. Wännström (Devos, Frossard) 1:1. 19. (18:09) Sekac (Frolik, Varone) 1:2. 19. (18:19) Bertschy 1:3. 21. (20:57) Frolik (Varone, Gernat) 1:4. 37. Tim Bozon (Jäger) 1:5. 41. (40:57) Devos (Wännström, Hauert /Ausschluss Arnold) 2:5. 49. Kenins (Sekac) 2:6. – Strafen: Ajoie 1-mal 2 Minuten, Lausanne 3-mal 2 plus 5 Minuten (Arnold). – Bemerkungen: Ajoie ohne Rouiller (krank), Asselin, Leduc und Hazen (alle verletzt).
Ajoie: Wolf; Birbaum (2), Pouilly; Hänggi, Hauert; Eigenmann, Joggi; Frei, Helfer; Wannström, Devos, Schmutz; Fortier, Frossard, Schnegg; Rohrbach, Romanenghi, Huber; Macquat, Ness, Bogdanoff.
Lausanne (2): Boltshauser; Heldner, Frick; Glauser, Gernat; Marti, Genazzi; Krueger, Mainot; Kenins, Bertschy (2), Douay; Frolik (2), Varone, Sekac; Maillard, Jäger, Tim Bozon; Holdener, Krakauskas, Arnold (5).

Der verpasste Meistertitel

Wenn Rumänien gegen Litauen an der B-Weltmeisterschaft vier Minuten vor Schluss noch 3:5 zurück liegt und die Partie innert zwei Minuten in einen 6:5 Sieg verwandelt, nehmen dies gerade mal 140 Nasen in der Halle von Krynica zur Kenntnis. Der Spielausgang hat im Nachhinein für beide Teams keine Auswirkung über den Klassenerhalt. Im Oktober 2011, führt AIK Solna Stockholm nach zwei Dritteln gegen HV71 Jönköping souverän mit 6:2, in der 42. Minute fällt durch Oscar Ahlström sogar noch das das 7:2. Es geht nur noch darum wie hoch der Sieg bis zur 60. Minute ausfallen würde. Doch alles kommt anders. In der 48. Minute erzielt Jönköping innerhalb von sieben Sekunden zwei Treffer – und für AIK kommts noch schlimmer. Innerhalb von 133 Sekunden gelingt Jönköping zwischen der 51. und 53. Minute der 7:7-Ausgleich! Logischerweise gelingt den Gästen aus Jönköping im Shootout durch Jukka Voutilainen der Siegestreffer zum 8:7-Endstand.

Alles ist angerichtet: Mannheim kann zuhause den siebten Titel holen. (Krein)

DEL-Final

Wer glaubt, solche «Eishockey Wunder» gibts nur in bedeutungslosen Qualifikationsspielen, wird im DEL-Final 2012 eines Besseren belehrt! In der Best-of-five-Serie führen die Adler Mannheim mit 2:1 in der Serie und können im vierten Spiel Zuhause in der proppenvollen SAP-Arena alles klar machen. In der ersten Minute erzielt Christoph Ullmann auch schon den Führungstreffer – die Halle steht bereits Kopf – und die Eisbären Berlin stehen mit dem Rücken zur Wand. Nach einem offenen Schlagabtausch führen die Adler 14 Minuten vor Schluss mit 5:2, Berlin scheint am Boden. Mannheim greift bereits nach dem Pokal und keiner der 13’600 Fans – selbst der optimistischste «Dynamo-Anhänger» im Stadion würde jetzt noch eine Reichsmark (die alte DDR-Währung) auf die Eisbären wetten.

14 Minuten vor Schluss führen die Adler mit 5:2…

die Titelgesänge sind schon im Gang

Nur zehn Sekunden nach dem 5:2, fällt der 3:5-Anschlusstreffer der Berliner durch Jimmy Sharrow. Ab diesem Zeitpunkt stehen die Mannheimer neben den Schlittschuhen und kommen kaum noch über die rote Linie. Innert sechs Minuten läuft der «Dynamo» bis zum 5:5-Ausgleich auf Hochtouren. Wie kann man einen Dreitore Vorsprung in einem Endspiel verspielen? Adler-Trainer Harold Kreis – hat immerhin in der Schweiz schon zwei Titel geholt – kann Mannheims Untergang in den letzten 14 Minuten nicht stoppen und geht mit seiner Mannschaft ehrenhaft unter. Selbst Kevin Schläpfer hätte diesen Vorsprung mit dem EHC Biel verwalten können, lässt mich der Biel-Trainer auf seiner Heimfahrt aus Straubing per Telefon wissen.

Die Eisbären gewinnen in der Verlängerung (64. T.J. Mulock) und holen als Zugabe im fünften Finalspiel Zuhause den sechsten DEL-Titel seit dem Fall der Berliner Mauer. Um es in «Schwyzerdütsch» auszudrücken, die Eisbären Berlin sind die ZSC Lions Deutschlands und die Adler müssen sich als «SCB Deutschlands» trösten lassen.

22. April 2012 (16 Uhr 30) – Spiel 4

Adler Mannheim – Eisbären Berlin 5:6nV (2:1, 1:1, 2:3, 0:1)
SAP-Arena. – 13’600 Zuschauer. – SR Brüggemann /Piechaczek, Schrade /Gemeinhardt. – Tore: 1. (0:42) Ullmann 1:0. 6. Sharrow (Regehr) 1:1. 12. Mitchell (Lee, Ullmann) 2:1. 32. Ullmann (Lehoux, Mitchell /Ausschlüsse Lee, Sim, Hördler) 3:1. 39. Christensen (Talbot, Angell) 3:2. 44. Magowan (Mitchell, Reul) 4:2. 46. MacDonald (Glumac, Sifers) 5:2. 47. Sharrow 5:3. 48. Tallackson (Olver, Busch /Ausschluss Sifers) 5:4. 54. Tyson Mulock (Laurin Braun, Hördler) 5:5. 64. (63:26) T.J. Mulock 5:6. – Strafen: Mannheim 4-mal 2 Minuten, Berlin 3-mal 2 Minuten. – Bemerkungen: Mannheim ohne Kettemer und Dimitrakos (beide überzählig), Berlin ohne Supis, Rankel (beide überzählig), Pederson und Ustorf (beide verletzt). – Lattenschuss Magowan (25.). Time-out Mannheim (53:03). Torschüsse 24:55 (8:17, 8:18, 7:15, 1:5). Ullmann (Mannheim), Sharrow und Christensen (beide Berlin) als beste Spieler ausgezeichnet.
Adler Mannheim: Brathwaite; Wagner, Lee (2); Sifers (2), Belle (2); Reul, Goc; Magowan, Ullmann, Mitchell; Kink, MacDonald, Glumac; Mauer, Lehoux, Arendt; Seidenberg (2), El-Sayed, Plachta.
Eisbären Berlin: Zepp; Regehr, Hördler (4); Sharrow, Baxmann; Angell, Constantin Braun; Christensen, Talbot, T.J. Mulock; Busch, Olver, Tallackson; Sim (2), Felski, Tyson Mulock; Laurin Braun, Weiss, Bielke.